Adieu Body-Mass-Index?

Der BMI als Richtwert zur Beurteilung des Gesundheitszustands dürfte ausgedient haben. Konkurrenz erwächst ihm durch den Body Roundness Index BRI. Er sagt, wie rund jemand ist!

Siebenmal wurde er Mr. Olympia, fünfmal Mr. Universum. Als Arnold Schwarzenegger (77) in den Siebzigerjahren Bodybuilding betrieb, brachte er bei einer Körpergrösse von 1,88 m ein Wettkampfgewicht von 106 kg auf die Waage. Brustumfang: 145 cm, Taille: 86 cm, Oberarm: 46 cm, Oberschenkel: 73 cm, Wade: 51 cm.

Ein Bär von einem Mann, der seiner Herkunft wegen auch «die steirische Eiche» genannt wird. Nur leider ist er stark übergewichtig, ja adipös sogar, wenn auch nur im I. Grad.

Wie bitte?

Würde Arnold Schwarzenegger heute sein damaliges Gewicht und seine Körpergrösse in einen der gängigen BMI-Rechner eingeben, so würde ihm das Gerät einen Body-Mass-Index von 30 zuschreiben und ihn wissen lassen: «Ihr BMI deutet auf starkes Übergewicht (Adipositas Grad I) hin.»

Der Body-Mass-Index basiert auf einer einfachen mathematischen Formel: Er ergibt sich aus dem ­Körpergewicht in Kilogramm, ­dividiert durch die Körpergrösse in Metern zum Quadrat: BMI = ­Gewicht in kg / (Grösse in m)2 . 

Seit Jahren wird der BMI als Messgrösse für den Körperfettanteil und als Gesundheitsindikator eingesetzt. «Als Richtwert bietet er Orientierung bei der individuellen Gesundheitsvorsorge», heisst es beispielsweise auf der Website einer grossen Schweizer Klinikgruppe. Seit ebenso langer Zeit wird er auch kritisiert, denn wie das Beispiel Schwarzen­egger zeigt, sagt der Index nicht wirklich etwas über die Gesundheit eines Menschen aus.

Deutlich formulierte es an den Olympischen Spielen in Paris die amerikanische Rugby-Spielerin Ilona Maher: «Ich habe einen BMI von 30, genauer gesagt 29,3, und ­gelte schon mein ganzes Leben lang als übergewichtig», sagte die Olympionikin und Bronzemedaillengewinnerin von 2024. «Der BMI ist für Ath­letinnen wenig hilfreich, weil er nur von der Grösse und dem Gewicht ausgeht. Ich bin 1,70 Meter gross, wiege 200 Pfund (circa 90 kg, die Red.) und habe ungefähr 170 Pfund (77 kg) an reiner Muskel­masse. Aber der BMI sagt nichts ­darüber aus, was ich auf dem Spielfeld leisten kann oder wie fit ich bin.»

Eine weitere Kritik kommt von Übergewichtigen selbst sowie von Frauen und von den sogenannten People of Color: Der BMI wurde 1832, vor fast 200 Jahren, definiert und basiert ausschliesslich auf den Daten von weissen Männern.

Grosser Nachteil des BMI ist: Er berücksichtigt nicht die Frage, wo das Körperfett einer Person liegt. Bei Arnold Schwarzenegger jedenfalls liegt es nicht auf der Taille, wo es übergewichtige Personen üblicherweise beklagen. «Hüftgold» lautet der beschönigende Ausdruck. Dennoch wäre Schwarzenegger zur ­Aktivzeit «als fettleibig eingestuft worden und hätte abnehmen ­müssen», sagte Dr. Wajahat Mehal von der Yale University zur Zeitung «The New York Times». 

Und so ist es denn verständlich, dass die Wissenschaft gerade wieder nach neuen Indizes sucht, denn Fett kann sich auch verstecken.

Das gefährlichste ist das sogenannte Viszeralfett. Es lagert sich um die inneren Organe an und produziert Hormone, die den Blutdruck, die Blutfettwerte und den Blutzucker erhöhen – und damit das Risiko für Herz-Kreislauf-­Erkrankungen und Diabetes. Einen Hinweis darauf bekommen wir, wenn wir den Bauchumfang messen und in Relation zur ­Körpergrösse bringen. Die Waist-to-Height-Ratio (WHtR) gibt dazu einen Richtwert: Bauchumfang messen und durch die Körper­grösse in Zentimetern teilen. Kommt dabei ein Wert über 0,5 ­heraus, so wird’s ein bisschen ­kritisch – jedenfalls für jüngere ­Menschen. Bei über 50-Jährigen gilt auch eine WHtR von 0,6 noch als okay.

Neuer als die WHtR ist der Body Roundness Index BRI, der sich gegenwärtig aufmacht, dem alten BMI Goodbye zu sagen. Dieser Gesundheitsindex misst, wie rund jemand ist. Dabei wird eine Formel verwendet, die Körpergrösse und Taillenumfang berücksichtigt, nicht aber das Gewicht. Die Berechnung ist nur etwas für Besitzerinnen eines Taschenrechners mit wissenschaftlichen Funktionen: 

BRI = 364.2 − 365.5 × √(1 − [Taillenumfang in cm / 2π]2 / [0.5 × Körpergrösse in cm]2 )

Damit soll die mögliche Fett­leibigkeit eines Menschen besser eingeschätzt werden können. Die BRI-Skala liegt zwischen 1 und 15. Durchschnittliche Körperformen haben einen BRI von 4,45 bis 5,46. Und Arnold Schwarzenegger aus unserem Beispiel? Mit BRI 2,6 gälte er plötzlich als sehr schlank