Gefühl von Freiheit

Der Frontmann der Erfolgsgruppe Megawatt hat seine Leidenschaft fürs Motorradfahren wiederentdeckt. Seit kurzem ist er stolzer Besitzer einer Harley-Davidson. 

Von Irene Lustenberger

Er sieht aus wie der typische Rocker: Tattoos, lange Haare, Jeans und ­Lederjacke. Thomas Graf (48) braust mit seiner Harley heran, zieht den Helm aus und begrüsst uns mit einem breiten Lachen. Die Maschine, die er seit kurzem sein Eigen nennt, hat er der aktuellen ­Single «Stei in da ­Schuah» seiner Rheintaler Rockband Megawatt zu verdanken. Da der Song von positiven Gefühlen und Freiheit handelt, kam für das Musikvideo die Idee auf, mit dem Motorrad durch die Bündner Herrschaft zu brausen. «Bis ich mit 24 Jahren Vater wurde, fuhr ich Motorrad. Aus Verantwortung gegenüber meiner Familie hörte ich damals auf», erzählt er. 

Zum 40. Geburtstag machte er die ­Prüfung für die grösseren Maschinen und kaufte sich eine Harley. 2018 baute er ­einen Unfall. «Ich erlitt zum Glück nur ein paar Schürfwunden, aber der Töff war kaputt», erinnert sich der Sänger. ­«Natürlich habe ich vor dem Videodreh niemandem erzählt, dass ich seit dem ­Unfall nicht mehr Töff gefahren bin», sagt er verschmitzt. Für den Dreh lieh er sich bei Bündnerbike in Maien­feld GR eine Harley aus. Als er dann am sogenannten «Ramp Ride» – eine Konvoi-Motorradtour an Auffahrt mit über 200 Bikes – teilnahm, hat es ihn wieder gepackt.«Es hat mir den Ärmel wieder voll reingezogen. ­Wenige Tage später ging ich in den ­Harley-Davidson-Shop in Au und bin seither stolzer Besitzer einer ‹Fat Boy›», erzählt Graf mit leuchtenden ­Augen. «Ich sitze auf meinem Bike und habe einfach ein gutes ­Lebensgefühl», beschreibt er seine Fas­zination. Es gehe ihm nicht um die Geschwindigkeit – «dafür bin ich wohl schon ein bizzli zu alt und hätte ein anderes Bike kaufen müssen» –, sondern um das Gefühl von Freiheit. Zudem erlebe man völlig ­andere Dimensionen als beim Auto­fahren. «Man fährt andere Strecken und spürt den Wind, die Temperaturen und die vielen Gerüche. Das ist schon cool. Und etwas Lärm macht das Bike auch noch», grinst Thomas Graf.

Das Töfffahren ist für ihn ein Ausgleich zur Musik und seiner Vollzeitstelle als ­Leiter der Berufsbildung. «Wenn ich am Feierabend nach Hause komme und es ist schönes Wetter, setze ich mich auf meine Harley und fahre los.» Meist fahre er ­irgendwo in die Berge, trinke einen Kaffee und schaue in die Ferne. «Ich bin dann voll im Jetzt und geniesse den Moment.» In den Sommerferien war Thomas mit seiner Partnerin Marion Kaiser (54) ein paar Tage lang quer durch die Schweiz unterwegs. Mit der Primarlehrerin ist Graf seit sieben Jahren zusammen. Die beiden leben in getrennten Wohnungen, ein Zusammenzug ist noch kein Thema. «Und falls wir ­zusammenziehen, gibt es getrennte Schlafzimmer», hält er fest. 

Erst die Tour, dann das neue Album

Im Sommer tritt Megawatt an diversen Festivals auf, ab Ende Oktober geht die Band auf «Rockerherz Zugabe Tour». «Im Frühling des vergangenen Jahres haben wir das Album Rockerherz› veröffentlicht, die Tour im Herbst war praktisch aus­verkauft. Es ist nicht selbstverständlich und wir schätzen es sehr, dass sich die Leute Zeit nehmen und an unsere Konzerte kommen. Deshalb haben wir beschlossen, dass wir diesen Herbst wieder auf eigene Tour gehen. Wir freuen uns schon riesig darauf, die Konzertbesucher zu begeistern», sagt der Sänger. 

Zusammen mit dem Hitmill-Team schreibt Graf auch bereits Lieder für das kommende Album, das Anfang des nächsten Jahres erscheinen soll. «Es wird ein Akustik-Album sein», verrät der Sänger. «Wir hatten während der Rockerherz-Tour  auch einen akustischen Teil, bei dem wir mitten im ­Publikum performten. Das waren sehr schöne Konzertmomente», erinnert er sich. «Generell bin ich gerne sehr nahe beim Publikum.»

Seit über 30 Jahren singt Graf in verschiedenen Bands und träumte schon in seiner Jugend ­davon, einmal im Hallenstadion aufzutreten. Bisherige Höhepunkte waren unter anderem der Auftritt am «Moon & Stars» in Locarno TI im vergangenen Jahr sowie ­gerade eben in der Fanzone der Olym­pischen Spiele in Paris. «Und deshalb fühlt sich das Hallenstadion irgendwie gar nicht mehr so un­realistisch an wie früher», gibt er zu. Er sei aber ein optimistischer Realist und möchte nichts erzwingen. «Ich gebe stets mein Bestes – und so wie es kommt, ist es richtig.»