Fischotter: Heimliche Einwanderer

Im grenznahen Ausland haben sie sich fleissig vermehrt und verbreitet – in der Schweiz aber leben keine wilden Fischotter. Offiziell! Denn sie könnten schon unbemerkt in unsere Gewässer eingewandert sein.
 
Mit seinen Kulleraugen ist der Fischotter süss anzusehen – auf Bildern oder im Zoo! Denn in freier Natur ist es äussert schwer, ihn zu entdecken. «Es sind sehr scheue Tiere, die in deckungsreichen Gebieten leben», erzählt Biologe Dr. Hans Schmid, Präsident der Stiftung Pro Lutra, die sich für den Fischotter einsetzt und die Einwanderung wissenschaftlich wie politisch begleitet.
 
Offiziell nämlich gibt es noch keine wilden Fischotter hier. Sie wurden jahrhundertelang gejagt, und 1888 sollten sie gar per Gesetz ausgerottet werden, da sie der Fischerei schadeten. Obwohl sie 1952 unter Schutz gestellt wurden, erholte sich der Bestand nicht, was mit illegaler Jagd, unreinen Gewässern oder anderen Faktoren zu tun haben könnte. Genau weiss das keiner. Heute können sie aber hier leben – das haben einige «Ausbrecher» bewiesen. Schmid: «Beim Hochwasser 2005 ist im Berner Tierpark Dählhölzli ein Paar entkommen. Bevor das Weibchen wieder eingefangen wurde, hat es nachweislich zweimal Junge aufgezogen. Ob davon noch einige unterwegs sind, ist nicht bekannt.»
 
Die Raubtiere leben entlang von Gewässersystemen in Revieren von bis zu 40 Kilometern Länge und bewohnen Bauten am Festland. Sie bevorzugen Flüsse und Bäche: In Seen kann den sonst hervorragenden Jägern ihr Lieblingsessen – Fische – zu leicht ins tiefe Wasser entwischen. Als Einzelgänger sind sie allein unterwegs, beziehungsweise eine Mutter mit Jungen. Männchen treffen Weibchen nur zur Paarungszeit. Als einige der wenigen Tiere können sie sich mehrmals pro Jahr fortpflanzen.
 
Vielleicht half ihnen das in unseren Nachbarländern: Nahe der Grenze, in Österreich und Frankreich, verbreiten sie sich schneller Als erwartet. «So darf nicht ausgeschlossen werden, dass sie bereits hier leben – und wir es einfach noch nicht bemerkt haben!» Bei einer allfälligen Anwesenheit von Fischottern sei naheliegend, dass Fischteiche geschützt werden müssen. Dies könne man im Vergleich zum Schutz von Nutztieren vor Grossraubtieren mit relativ einfachen Mitteln tun (Elektrozaun).
 
Die Tiere seien auf jeden Fall Indikatoren für einen gesunden, naturnahen Lebensraum. Der Experte selbst hat noch nie live einen wilden Fischotter gesehen, obwohl er mehrmals wenige Meter neben besenderten Fischottern stand. Schmid: «Aber gerade ihr heimliches Leben macht sie ja für die Wissenschaft so spannend. Es sind faszinierende Tiere.»
 
 
INFO
Für Informationen und Rückmeldungen zum Fischotter kontaktieren Sie die Homepage www.prolutra.ch. Die Wanderausstellung «Fischotter» ist noch bis 22. September im Naturmuseum Winterthur: natur.winterthur.ch