Bernhard Russi
«Höhen und Tiefen prägen das Leben – und die Liebe!»
Er ist einer der grössten Sportler, den die Schweiz je hatte: Am 20. August feiert der Abfahrts-Olympiasieger von 1972 seinen 75. Geburtstag. Und zieht im Interview mit der GlücksPost nun grosse Lebensbilanz.
Von Dominik Hug
Die Sommer verbringt Bernhard Russi (74) mit seiner Familie jeweils in Schweden, der Heimat seiner Gattin Mari (62). Das Ski-Idol geht viel Velo fahren, schwimmen, wandern und Golf spielen. Und er geniesst die herrlichen Sonnenuntergänge in Skandinavien. «Es gibt wohl niemanden, der so viele Fotos von Sonnenuntergängen auf dem Handy hat wie ich», sagt er.
GlücksPost: Sie werden in knapp zwei Wochen 75 Jahre alt. Wie feiern Sie den Geburtstag?
Bernhard Russi: Mit einer Velofahrt vom Kanton Aargau nach Andermatt UR. Die ganze Familie mitsamt allen Enkelkindern wird dabei sein. Das war eine Idee meiner Tochter Jenny. Ginge es jedoch nach mir, würde ich nicht gross feiern. Ich bin kein Fan von Geburtstagen.
Warum nicht?
Dieser Tag ist für mich nicht spezieller als jeder andere im Jahr. Ich habe auch um meinen 50. kein Tamtam gemacht. Aber natürlich werde ich an meinem 75. noch mehr realisieren, dass das Leben nicht ewig dauern wird. Der Weg vor mir wird immer kürzer.
Wären Sie gerne nochmals 30?
Eigentlich nicht. Denn das würde bedeuten, dass ich all die Jahre seither nicht ausreichend genutzt habe. Ich bin voll und ganz zufrieden, wie ich mein Leben gelebt habe. Und auch, wie ich heute lebe. Ich bin viel in der Natur, treibe noch immer sehr viel Sport. Ich habe diese Startnummer ja eigentlich bis heute nicht ausgezogen (lacht). Ich lote noch immer gerne Grenzen aus.
Was ist das Schöne am Älterwerden?
Man wird weiser, das ist wirklich wahr, weil man auf einen grösseren Erfahrungsschatz zurückgreifen kann. Und man nimmt sich auch mehr Zeit, um den Moment zu geniessen. Das Tempo darf ruhig ein bisschen langsamer sein, man muss nicht immer alles sofort in Angriff nehmen. Das finde ich schön. Und natürlich kommt im Alter auch eine gewisse Genugtuung dazu: Egal, was auf meinem restlichen Lebensweg kommen mag – es wird das viele Positive, das ich erleben durfte, nicht verdrängen können.
Was gefällt Ihnen nicht am Alter?
Ich bin nicht mehr so beweglich wie in jungen Jahren, habe auch nicht mehr dieselbe Rohkraft. Dafür mache ich heute mehr Mobilitätstraining als während meiner Aktivzeit. Es gleicht sich also -etwas aus (lacht). Momentan habe ich wirklich nichts zu beklagen. Das Einzige, was mir am Alter missfällt, ist das zunehmende Bewusstsein, wie schade es ist, dass alles irgendeinmal zu Ende gehen wird.