Maja Brunner
«Bewegung bedeutet für mich Freiheit»
Einen Tag ohne langen Spaziergang? Gibt es bei der Sängerin kaum. Die GlücksPost hat sie begleitet – und mit ihr über Freud und Leid ihrer jetzigen Lebensphase gesprochen. Und ihr das Geheimnis ihrer Energie entlockt.
Ein klassischer Wandervogel bin ich also nicht», kündigt Maja Brunner schon im Vorfeld an. «Ich mag es am liebsten, wenn’s geradeaus geht.» Erst schlägt die 72-Jährige die Höhenwege auf der Rigi oder dem Zürcher Üetliberg vor, nimmt uns am Ende aber mit ins Sihlwäldli – so nennt sie das Naturschutzgebiet Dreiwässern, das direkt bei ihrem Wohnort Schindellegi SZ liegt.
GlücksPost: Warum ist es am Ende doch das Sihlwäldli geworden?
Maja Brunner: Weil’s hier auch wunderschön ist und ich tatsächlich oft hier unterwegs bin. Auch wenn ich es nicht als wandern bezeichne. Ich bin eher eine Spaziergängerin – aber eine rassige. Ich gehe sehr zügig.
Sind Sie jeweils alleine unterwegs?
Nicht immer, aber meistens schon. Ich geniesse es, in meinem eigenen Rhythmus zu gehen, einfach nur die Gegend und die Natur zu geniessen und über Gott und die Welt nachzudenken. Das befreit.
Wie oft sind Sie denn unterwegs?
Jeden Tag eine bis zwei Stunden, wenn es nicht gerade schüttet oder extrem heiss ist. Auch im Winter übrigens: Dann fahre ich meistens nach Einsiedeln, wo ich beim Spazieren auch noch Sonne tanken kann. Mir ist es sehr wichtig, raus, an die frische Luft zu kommen und mich zu bewegen.
Treiben Sie auch sonst Sport?
Na-nai! Sport ist wunderbar – für die anderen! Es gibt ja Leute, die sich danach super glücklich fühlen. Dieses Gefühl würde ich gerne mal kennenlernen, ich hatte es meinen Lebtag nicht. Schon als Kind dachte ich beim Rennen, am Barren oder Reck nur: Uff!
Sport ist Mord, sagt man ja.
Das will ich nicht behaupten. Aber meinen jungen, sportlichen Kollegen tut tatsächlich ständig etwas weh. Mir also nicht … abgesehen von ein paar altersbedingten Abnützungserscheinungen. Ich muss aber sagen: Obwohl ich nicht sportlich bin, war ich schon immer sehr beweglich. Bis heute.
Sie stehen ja noch regelmässig auf der Bühne, dafür braucht es bestimmt auch eine gewisse Fitness.
Auf jeden Fall, da stehe ich keine Minute still. Ich bin sicher eine der Sängerinnen, die sich in den letzten 40 Jahren auf der Bühne
am meisten bewegt hat. Ich liebe es, zum Singen zu tanzen. Wenn Musik läuft, geht ein Knöpfchen an bei mir, und ich empfinde keine Anstrengung mehr.
Was steht als Nächstes an?
Mit Sarah-Jane, Frank Tender und Silvio D’Anza gehe ich zu Philipp Mettler ins Studio. Wir nehmen bereits die CD für den diesjährigen 16. «Lachner Wiehnachtszauber» auf. Im Theater ist bisher «Die kleine Niederdorfoper» vom 23. Oktober 2024 bis 9. Februar 2025 geplant. Und nicht zu vergessen: Es stehen wieder sehr viele Konzerte auf dem Programm – vom Schlieremer Stadtfest bis zur privaten Geburtstagsfeier. Ich freue mich sehr, nach der Theaterbühne auch wieder vermehrt auf der Gesangsbühne zu stehen.
Sie wirken so energievoll und junggeblieben. Was ist Ihr Geheimnis?
Nebst dem Glück, gesund zu sein, helfen Pillen und Salben und ein paar Farbdöschen allenthalben … Zudem macht die Körperhaltung für das Erscheinungsbild viel aus: Schultern gerade, Blick nach vorne. Da muss ich mich manchmal selbst ermahnen: «Maja, aufrecht gehen!» Und ja, ich habe viel Energie, bin aber kein Duracell-Hase: Ich schlafe im Minimum acht Stunden täglich, gönne mir Ruhephasen. Ich kann wunderbar auf dem Balkon sitzen und einfach nur meine Blumen – und zurzeit habe ich auch ein Hummelnest – anschauen. Ich glaube, das ist auch für die mentale Gesundheit wichtig.
Wie meinen Sie das?
Gerade hatte in meinem Umfeld ein jüngerer Mann ein Burnout. Heute lastet so viel Druck auf den Leuten, sie stressen sich so sehr. In meiner Generation war das schon weniger, selbst wenn man Karriere gemacht hat. Durch die neuen Technologien muss alles viel schneller gehen.
Das Schöne am Älterwerden?
Dass man nicht mehr so im Wettbewerb steht. Ich bin weniger aufbrausend als früher, toleranter. Und ich kann an einem Fest früher gehen, ohne das Gefühl zu haben, etwas zu verpassen. Früher holten wir gerne nach einem Fest beim Bäcker die ersten Gipfeli. Aber alles zu seiner Zeit!
Weniger schön sind wohl die Abnützungserscheinungen, von denen Sie sprachen. Welche sind das?
In den Gelenken spüre ich das Älterwerden. Kniebeugen kann ich nicht mehr machen. Also runter schon, aber ich komme nicht mehr hoch (lacht). Oder beim Aufwachen tut mal die Schulter weh. Aber das geht nach einigen Dehnungsübungen vorbei.
Nerven Sie diese Dinge?
Gar nicht. Ich bin 72. Jede Maschine hat Abnützungserscheinungen, und das viel früher. Wir sind ein wunderbarer Mechanismus. Viel mehr bin ich dankbar, dass es mir noch so gut geht. Alles steht und fällt mit der Gesundheit. Für mich bedeutet Bewegung Freiheit: Du kannst nur so lange «jugendlich» und selbstbestimmt bleiben, wie du dich bewegen kannst. Deshalb will ich mir das so lange wie möglich bewahren.
Gehören Sie zu den Menschen, die 100 Jahre alt werden wollen?
Wenn ich es mir wünschen könnte, würde ich gerne ein hohes Alter erreichen. Gesund bleiben und dann einfach tot umfallen, das wünscht sich wohl jeder. Aber noch nicht heute oder morgen!