Autsch, der Rücken!

Rückenschmerz ist die Volkskrankheit Nummer 1. Häufig können die Ursachen nicht genau diagnostiziert werden. Was aber, wenn es sich um einen Bandscheibenvorfall handelt? Muss operiert werden?

 

Ob Rückenschmerzen durch einen Bandscheibenvorfall, eine sogenannte Diskushernie, verursacht werden, kann oft erst nach längerer Leidenszeit festgestellt werden. Bei jüngeren Menschen wird in der Regel zuerst von muskulären Ausstrahlungen oder einem «Hexenschuss» ausgegangen, und oft verschwinden die Beschwerden von alleine wieder. Tatsächlich bestätigt sich nur bei etwa 10 Prozent der Rückenpatienten ein Bandscheibenvorfall, am häufigsten bei 40- bis 55-Jährigen. Immer öfter sind aber auch jüngere Menschen betroffen. Schuld daran sind unter anderem zu wenig Bewegung und eine falsche Haltung, die die Belastung auf die Wirbelsäule erhöht. Wenn beim geraden Stehen 100 Kilo Last auf unsere Bandscheiben drücken, sind es in einer leicht gebeugten Haltung 200 Kilo!

 

 

Was ist ein Bandscheibenvorfall?
Unsere Wirbelsäule besteht aus Wirbelkörpern und Bandscheiben, die dazwischen liegen. Diese sind sozusagen die «Stossdämpfer» und für die Beweglichkeit zuständig. Sie bestehen zu 95 Prozent aus Wasser, ihre Hülle ist kollagenes Bindegewebe, der Kern ist gallertartig-zähflüssig. Die Belastung, der sie täglich ausgesetzt sind, ist enorm. Am stärksten im Lendenwirbelbereich, wo es auch am häufigsten zu Diskushernien kommt.

Schon ab etwa dem 20. Lebensjahr zeigen sich Abnutzungserscheinungen. Diese können durch Bewegungsmangel und dadurch verursachte ungenügende Durchblutung verstärkt werden. Oder auch durch eine sehr intensive sportliche Belastung. Häufig ist es jedoch ein Unfall, ein Sturz, das Heben von schweren Gegenständen oder auch nur eine unbedachte Bewegung, die bei einer vorbelasteten Bandscheibe zu einer Diskushernie führt. Ist die Bandscheibe nicht mehr ausreichend widerstandsfähig, können sich Risse in der Bindegewebshülle bilden. Durch diese Schwächung tritt der Gallertkern nach aussen, bildet eine Wölbung oder kann sich sogar ablösen. Das Material kann auf den Nerv drücken und starke Schmerzen auslösen. In extremen Fällen werden Nerven mit wichtigen Funktionen geschädigt. Bei Bandscheibenvorfällen im Lendenbereich sind am häufigsten Oberschenkel- und Ischias-Nerv betroffen.

Der Ausstrahlungsschmerz im Bein ist bei einer akuten Diskushernie meist stärker als der Schmerz im Rücken, bei Vorfällen an der Halswirbelsäule verhält es sich mit den Armen genauso. Der Schmerz wird von Betroffenen sehr unterschiedlich wahrgenommen, häufig wird er als Reissen, Ziehen oder Stechen beschrieben, begleitet von Kribbeln oder einem Gefühl, als ob eine Manschette um Teile von Arm oder Bein gelegt wäre. Typischerweise wird er verstärkt beim Niesen, Husten und Pressen. Durch den Schmerz nehmen Betroffene oft Fehlhaltungen ein. Durch die Nervenschädigung kann eine Diskushernie zu Muskelschwäche, Kraftverlust, Sensibilitätsstörungen oder sogar Lähmungen führen, in einigen Fällen ist die Entleerung von Harnblase und Darm gestört.

 

 

Achtung, Schmerzgedächtnis!
Erhärtet sich bei der neurologischen Untersuchung auf Beweglichkeit, Reflexe und Sensibilität der Verdacht auf eine Diskushernie, wird eine Magnetresonanztomografie (MRI) oder eine Computertomografie (CT) gemacht. Bestätigt sich die Diagnose, geht es an die Behandlung.

Mithilfe von Therapie und konsequentem Training kann ein Bandscheibenvorfall selber regenerieren, eintrocknen und dadurch kleiner werden oder ganz verschwinden. In dieser Zeit werden die Schmerzen durch Medikamente gelindert. Es ist nicht sinnvoll, sie ohne Medikamente aushalten zu wollen, da die Nervenzellen der Wirbelsäule ein gutes «Schmerzgedächtnis» besitzen, das den Schmerz speichert und möglicherweise später kleinste Reize dem Hirn als starke Schmerzen signalisiert.

Wird trotz grosser Beschwerden lange nicht operiert, besteht die Gefahr, dass eingeklemmte Nervenwurzeln so sehr geschädigt werden, dass der Nerv sich nicht mehr erholen kann.  Dennoch sollte die konservative Behandlung über mindestens drei Monate durchgeführt werden. Alternative Therapien dazu gibt es unzählige: von Physiotherapie über Traditionelle Chinesische Medizin, Akupunktur, Naturheilmedizin bis hin zu Schmerztherapien. Vielen Patienten helfen auch spezielle Matratzen, regelmässiges Krafttraining oder lange, intensive Spaziergänge.

Wird eine Operation notwendig, so wird häufig endoskopisch, also durch einen kleinen Schnitt, das störende Material und eventuell etwas vom Knochen entfernt.  Nur in Ausnahmefällen müssen dabei Gelenke verschraubt oder versteift werden. Die Ausstrahlungsschmerzen sind in vielen Fällen direkt nach der Operation weg, die Patienten stehen einige Stunden später wieder auf den Beinen und können nach wenigen Tagen entlassen werden. In den nächsten sechs Wochen wird der Rücken geschont, die Muskulatur aber mit Physiotherapie und Spaziergängen wieder aufgebaut. Bei einfachen Bandscheibenoperationen sind Komplikationen selten. Allerdings können auch danach Rückenschmerzen oder eine geringere Beweglichkeit bestehen bleiben.
 

Wann Operieren?

Eine Operation sollte spätestens in Betracht gezogen werden, wenn …
… die Schmerzen unerträglich sind.
… der Patient zu ¬einer Fehlhaltung gezwungen wird.
… Gefühls-, Kraftverlust oder sogar Lähmungen in Armen oder Beinen auftreten.
… die Entleerung von Harnblase und Darm gestört ist.