Raymond Fein
Eintauchen in die Vergangenheit
Frühere Quiz-Perlen leben am TV derzeit wieder auf, und Teil davon ist der einstige «Traumpaar»-Moderator. Retro ist genau sein Ding: Sein Hobby sind Flohmärkte, alte Sachen und Antiquitäten.
Als Raymond Fein in seinem kleinen Gefährt das Zürcher Mythenquai ansteuert, folgen ihm erstaunte, überraschte, vor allem jedoch heitere und belustigte Blicke. Begeistert greifen Passantinnen und Spaziergänger für Fotos zu ihren Handys, lachen und sprechen den Fahrer direkt auf das aussergewöhnliche Fahrzeug an. «Was kann einem Kommunikationsberater Besseres passieren?», sagt der 70-Jährige und gibt gerne Auskunft.
Das dunkelblaue Heinkel Cabrio aus dem Jahr 1961 ist eine Leidenschaft des früheren TV-Lieblings. In dieser Ausführung gibt es das Liebhaber-Objekt weltweit nur drei Mal. Der Zürcher kann nicht verbergen, wie gross seine Freude ist, eines der seltenen Exemplare sein Eigen zu nennen. In den vergangenen rund drei Jahren liess er das Schmuckstück aufwendig restaurieren. Ans Steuer des offenen Zweiplätzers setzt er sich allerdings nur bei schönem Wetter. Im Alltag fährt der Zürcher für kurze Strecken und vor allem im Stadtverkehr einen «herkömmlichen» – grünen – Heinkel. Parkplatz-Probleme kennt er nicht. Und einmal volltanken belastet sein Budget mit etwa 15 Franken für eine Reichweite von rund 400 Kilometern und bei einer Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h. Er entdeckte das wendige Mini-Transportmittel 1977 während seiner Studienzeit als Jurist an der Uni in Zürich bei einem Händler. Seine Faszination für die einzigartigen Kabinenroller ist bis heute geblieben.
Denn Raymond Fein ist ein bekennender Retro-Fan und versteht Retro als sinnvolle Nachhaltigkeit, etwas Altes zu erhalten, restaurieren, renovieren oder reparieren. Als junger Mann habe er, oft mit Kollegen, regelmässig Sachen auf dem «Flohmi» verkauft und sein Taschengeld damit aufgebessert, erinnert er sich. Auch heute schlendert er gerne über Flohmärkte, egal ob in der Schweiz oder im Ausland, und taucht in die Vergangenheit ein. Neugierig stöbert er ebenfalls in allen Ecken vom Brockenhaus Emmaus in Dübendorf herum. Dort werde nicht nur vielen aussortierten Dingen ein zweites Leben geschenkt, mit dem Erlös würden humanitäre Hilfsprojekte unterstützt, betont Raymond Fein. Er bezeichnet sich als Sammler, der selbst allerdings nur ungern etwas weggibt. Nie trennen werde er sich von seinem Schrank aus Tannenholz, der vom Flohmarkt stamme. Er habe ihn damals sogar eigenhändig abgelaugt, nur um ihn etwas günstiger zu bekommen, verrät er und lacht. Ein paar Wochen später habe er noch eine passende Kommode gefunden. «Es sind keine wertvollen Antiquitäten, die seit über 50 Jahren in meinem Schlafzimmer stehen, aber der ideelle Wert ist gross. Und für mich ist das der schöne Gedanke von Nachhaltigkeit.» Gerne schaut er sich aber auch mal in der edlen Art-déco-Galerie Jungi in Zürich um. «Die Betonung liegt hier auf Anschauen», meint er und schmunzelt. Ihn würden zudem die Geschichten interessieren, die hinter den edlen Stücken stecken. Wie zum Beispiel die des roten Sessels, der extra für einen Maharadscha aus Indien gebaut wurde.
Der Begriff retro passt auch auf die Musik des virtuosen Boogie-Woogie-Pianisten. Er sei mit Dave Ruosch und Chris Conz als «Die drei Pianöre» unterwegs. «Wir pflegen bei diesen Konzerten den alten Stil, interpretieren ihn aber teilweise neu, stets mit Augenzwinkern. Das macht riesig Spass und ist genau meine Welt», zeigt sich Raymond Fein begeistert. Und ja, er sei bereit für Konzerte. Er habe auch in den vergangenen Monaten regelmässig geübt, und seine Finger seien aktuell schneller denn je, meint er. Mit seinen 70 Jahren denkt er weder beruflich als erfolgreicher Kommunikationsberater noch als Musiker daran, kürzerzutreten. Sein Alter bringe auch Erfahrung – und diese habe ihren Wert. Doch scherzhaft stellt er fest: «Allerdings bin ich selbst ja auch langsam in einem Alter, in dem sich mein Umfeld wohl demnächst entscheiden muss, ob ich eine edle Antiquität bin oder doch eher auf den Flohmarkt gehöre …!»