Nella Martinetti
Nella Martinetti: «Der Tod lauert schon»
«Die Show muss weitergehen!», ist das Motto der unheilbar kranken Sängerin. Und so strahlt und lacht sie, sobald eine Kamera auf sie gerichtet ist. Die Wirklichkeit sieht anders aus: Die Krankheit schreitet mit Riesenschritten voran, und vor Silvester wäre sie beinahe gestorben.
Es ist Nachmittag, drei Tage vor Silvester. Nella Martinetti und ihre Freundin Marianne shoppen gutgelaunt in einer Boutique in Jona. Danach fahren sie mit ihren Einkäufen zufrieden nach Hause. «Kaum dort angelangt, fing es plötzlich mit einem Schüttelfrost an, wie ich ihn bis anhin noch nie erlebte», erzählt Nella der GlücksPost.
«Als ich nicht mit Zähneklappern aufhörte, rief Marianne den Notfallarzt. Zum Glück, denn hinterher sagten mir die Ärzte mehrere Male: ‹Gott sei Dank sind Sie sofort gekommen, liebe Frau Martinetti, sonst wären Sie jetzt nicht mehr da›.»
Nella atmet tief durch. Dann sagt sie ganz bedächtig: «Für mein Immunsystem war die letzte Chemotherapie wohl nicht optimal, denke ich.» Und, nach einer kleinen Pause: «Ja, der Tod lauert schon.» Nella und der drohende Tod – seit der Prognose ihrer schweren Bauchspeicheldrüsenkrebs-Erkrankung vor einem halben Jahr musste die Schweizer Showbusiness-Legende durch ein Wechselbad der Gefühle. Wer sie in TVSendungen wie «Happy Day» und in «Talk Täglich» von Tele Züri erlebte, konnte kaum glauben, dass die strahlende Tessinerin derart schwer erkrankt sein soll. Aber das ist Nella Martinetti; sie hat zwei Seelen in ihrer Brust – einerseits begnadete Selbstdarstellerin ohne Hemmschwellen, anderseits sichtlich leidend und dem Tod geweiht. Denn Fakt ist: Der Bauchspeicheldrüsenkrebs im fortgeschrittenen Stadium ist inoperabel. Dazu haben sich Metastasen in der Leber ausgebreitet. Der Zusammenbruch vor Silvester entpuppte sich als lebensbedrohende Blutvergiftung – Nella hätte allen Grund zum Klagen.
«Unglück im Unglück, könnte man zu alldem sagen.» Nella lacht, obwohl ihr überhaupt nicht zum Lachen zumute ist. «Humor zu haben ist wichtig. Die Leute im Spital haben mich sehr umsorgt. Sie freuten sich immer ganz besonders darüber, dass ich trotz allem den Humor behalten habe.»
Es kam nicht besser. Statt wenigstens im Spitalbett Silvester zu feiern, musste Nella 15 Minuten vor dem Jahrzehntewechsel nach dem Notfallarzt klingeln. Denn plötzlich blockierte auch noch die Einlage, welche die Ärzte unter ihrem Hals angelegt hatten, damit sie statt durch Spritzen indirekt mit Medikamenten versorgt werden kann. «Wir tranken Tee, schauten den ‹Silvesterstadl› mit den vielen Schweizer Künstlern», erzählt Nella. «Und ich bekomme erneut so schmerzhafte Spritzen verpasst, statt mit einem guten Glas anzustossen.»
Heute weiss Nella Martinetti, was an ihren Fieberanfällen schuld hat: ihre Chemotherapie. «Ich hatte eine bakterielle Infektion im Blut, eine Art Blutvergiftung von der Chemo. Zuerst dachte ich, vielleicht hat dich jetzt auch noch die Schweinegrippe erwischt. Aber ich musste bis am 4. Januar im Spital bleiben und bin dauernd am Tropf gehängt.» Nachts sah man alle zwei Stunden nach ihr. Bei einer so schweren Chemotherapie, wie sie Nella machen muss, ist eine Infektion mit hohem Fieber nicht selten. Die Folgen können Defekte des Immun-Systems sein. «Zum Glück ging das Fieber schnell zurück», ist Nella noch im Nachhinein erleichtert. Doch nicht genug damit: Nach überstandenem Fieber wurde Nella von den Ärzten eine weitere negative Diagnose eröffnet: Diabetes. «Man sagte mir, den ‹Zucker› hätte ich von einer Pille bekommen. Ob die jetzt abgesetzt wurde, weiss ich nicht.»
Am meisten grämte Nella, dass sie am Silvester-Abend nicht zu «SaltoNatale» gehen konnte. Rolf Knie hatte sie persönlich eingeladen und ihr sogar einen Parkplatz organisiert, damit sie nicht weit zu Fuss gehen musste. «Sehr gereut hat mich auch der teure Fisch, den meine liebe Freundin Karin extra für ihren Besuch bei mir gekauft und liebevoll für mich zubereitet hatte. Dabei hatte ich mich so auf diesen Fisch gefreut. Aber statt ihn zu geniessen, lag ich mit drei Decken auf mir zitternd im Bett.»
Jetzt freut sich die todkranke Sängerin auf ihren 64. Geburtstag am 21. Januar. «Ich bekomme zum ersten Mal die AHV. Dann lassen wir ein Fest steigen. Ich weiss zwar nicht, was für Ideen meine Freundin Marianne ausheckt », unkt sie. Sie hofft auf einen Fondue-Plausch mit Freunden in einem gemütlichen Lokal. Dabei kann Nella froh sein, dass sie ihren AHV-Geburtstag angesichts ihrer schweren Blutvergiftung mit über 40 Grad Fieber überhaupt erleben darf. «Es war schrecklich», resümiert sie ihre düstersten Stunden. «Ich wäre wirklich fast gestorben.»
<br /> Als die GlücksPost Nella letzte Woche zuhause in Jona besuchte, freute sie sich sichtlich über die viele Fan-Post, die sie aus der ganzen Schweiz bekommt. «Viele haben mich getröstet und mir Mut zugesprochen. Andere haben mir ihre erschütternden Schicksale geschildert. Ich möchte allen recht herzlich danken.» Nach dem über zweistündigen Besuch war Nella fix und fertig. «Ich bin so müde», sagt sie. «Ich muss mich jetzt ganz dringend hinlegen. Die Krankheit zehrt an meinem geschundenen Körper.»
Der Tod hat für sie keinen Schrecken. «Weisst du», sagt sie dann leise beim Abschied, «ich lebe nicht mit Angst. Und ich lasse mich auch nicht unterkriegen.»