Warten Sie nicht, bis es zu spät ist!

Wenn es juckt und schmerzt im Bereich des Hintern, liegen meist gutartige Erkrankungen vor. Doch es kann sich aber auch Krebs dahinter ver­bergen. Sprechen Sie unbedingt mit ­Ihrem Arzt über Ihre Beschwerden.

Es gibt kaum andere Erkrankungen, die mit einem so grossen Tabu behaftet sind, wie Beschwerden im Analbereich. Obwohl genaue Zahlen ­fehlen, geht man davon aus, dass bis zu 20 Prozent der Erwachsenen davon betroffen sind. «Obwohl die Patientinnen und Patienten stark unter den Beschwerden leiden, warten sie meist jahrelang, bis sie sich einem Arzt ­anvertrauen», erklärt Professor Benjamin Misselwitz, Leitender Arzt der Klinik für Viszerale ­Chirurgie und Medizin am Inselspital Bern.

Gute Heilungschancen

So sind Beschwerden im Enddarmbereich für viele Betroffene oft schwierig zu beschreiben. Symptome wie Blutungen, Druckgefühl, Juckreiz, Hautausschläge sowie Störungen der Fähigkeit, Stuhl und Winde zu halten, werden daher verschwiegen. «Dabei wäre es sehr wichtig, über die Beschwerden zu sprechen, denn in seltenen Fällen kann sich auch eine bösartige Krebserkrankung dahinter verbergen», so der Arzt. Wird ein Anal- oder Rektumkarzinom jedoch früh erkannt, sind die Heilungschancen sehr gut.

Folgende Analerkrankungen treten am häufigsten auf:

Marisken: Marisken sind läppchenartige Hautfalten am äusseren, sichtbaren Bereich des Analrings und treten bei älteren Menschen praktisch immer auf. Sie bestehen aus weicher oder schlaffer Haut, können anschwellen und Knoten entwickeln. Im Gegensatz zu Hämorrhoiden sind Marisken keine Gefässpolster und machen den Betroffenen fast nie Beschwerden. Marisken sind ungefährlich und brauchen meist keine Therapie.

Hämorrhoiden: Grundsätzlich hat jeder Mensch Hämorrhoiden. Als Gefässpolster wirken diese wie ein Schwellkörper am Übergang zwischen Mastdarm und Analkanal. Wenn sich das Bindegewebe zum Beispiel im Alter auflockert oder durch mechanische Belastung (Verstopfung, Durchfall) gereizt wird, können Hämorrhoiden wachsen und sich nach aussen verlagern. Die Folgen sind Juckreiz, Blutungen, Feinkontinenz-Störungen oder ein Fremdkörpergefühl. Hämorrhoiden können mit Zäpfchen oder Tabletten bzw. Gummibandligaturen behandelt oder chirurgisch entfernt werden.

Analfissur: Hier handelt es sich um einen Einriss der Analhaut. Dieser kann sehr schmerzhaft sein und ein anhaltendes Brennen nach dem Stuhlgang verursachen. Behandelt wird die Analfissur mittels Stuhlregulation sowie lokalanästhetisch und entspannend wirkenden Salben. «Bei fehlender Heilung kann ein operativer Eingriff angezeigt sein, bei dem die Fissur mitsamt den narbigen Gewebeteilen entfernt wird», so Dr. Misselwitz.

Analabszess: Ein Analabszess ist eine akut eitrige Gewebseinschmelzung in der Analregion, wo eine schmerzhafte Schwellung mit lokaler Rötung und Überwärmung auftritt. Dazu kann ein allgemeines Krankheitsgefühl mit Fieber kommen. Wenn ein Abszess aufbricht, tritt eitrig-blutiges Sekret aus. Der Analabszess muss (notfallmässig) operativ entlastet werden.

Genitalwarzen (Kondylome): Sie entstehen durch eine Infektion mit dem humanen Papilloma-Virus (HPV). «Dieses wird oft durch Geschlechtsverkehr oder anderen intimen Kontakt übertragen». Kondylome sollten mit Zäpfchen oder Salben therapiert oder mittels Lasertherapie abgetragen werden. Sie können eine Vorstufe des Analkarzinoms sein.

Karzinom: Das Analkarzinom gehört zusammen mit dem Enddarmkrebs (Rektumkarzinom) zu den bösartigen Erkrankungen im Analbereich. Es kann dabei zu Blutauflagerungen auf dem Stuhl, einer gefühlten Schwellung, Juckreiz im Analbereich sowie Stuhlunregelmässigkeiten und Schmerzen kommen. Wichtig ist es, bei neuen Beschwerden rasch zu reagieren. Wird ein Analkarzinom früh diagnostiziert, sind die Heilungschancen sehr gut. Bei einer Vorsorgeuntersuchung (Koloskopie), die zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr empfohlen wird, werden beide Karzinome sicher erkannt.

Stuhlinkontinenz: Darunter leiden relativ viele Menschen, vor allem mit zunehmendem Alter. Ebenso Frauen, die schwere Geburten hatten. Betroffene sind unfähig, den Stuhl oder Winde willkürlich zurückzuhalten. «Aus falsch verstandener Scham sprechen sie mit niemandem darüber», so Benjamin Misselwitz. Dabei gibt es heute gute Behandlungsmethoden, welche die Lebensqualität erhöhen.

Buchtipp

Dr. Peter C. Ambe: «Wenn der Po Hilfe braucht», Expertenrat bei Beschwerden in der Tabuzone, Südwest Verlag, 29.90.