Katrin von Hallwyl
Der Krebs stärkte ihre Liebe
Als sie an Brustkrebs erkrankte, wurde das Leben des Schweizer Adelspaars auf den Kopf gestellt. Offen erzählt die Gräfin, was ihr das Leiden genommen – und gegeben – hat.
Ein Schmuckstück ist es, das Schloss Hallwyl im Naturschutzgebiet des Hallwilersees. Es gilt gar als eines der schönsten Wasserschlösser der Schweiz. Stolzer Besitzer ist seit 1994 der Kanton Aargau – dank eines grosszügigen Geschenks von Graf Michael von Hallwyl (76). Fast 800 Jahre lang war das Gemäuer bis dahin Stammsitz der Adelsfamilie, die trotz ihres Namens wohl nur wenigen ein Begriff ist.
Wer kürzlich aber die Zeitschrift «Bunte» öffnete, lernte einen Teil der Familie kennen: Michaels Sohn Graf Christopher von Hallwyl (42) und vor allem dessen Frau, Gräfin Katrin (46). Um anderen Menschen Mut zu machen und aufzuklären, spricht sie über ein persönliches Thema – ihre Brustkrebserkrankung, die 2019 ihr Leben veränderte.
Gemeinsam mit ihrem Mann baute Gräfin Katrin das Münchner Beauty-Unternehmen ikoo zur weltweit erfolgreichen Marke aus, immer Vollgas voraus. Sie selbst war mit ihrer blonden Mähne das beste Aushängeschild. «Was habe ich immer geföhnt, gestylt und getan und mich über diese Haare definiert», erinnert sie sich ehrlich.
Im Mai 2019 nimmt das Übel seinen Anfang: Sie entdeckt einen Knoten in der Brust. In der Mammografie war dieser bisher nicht aufgefallen. Nach einer Biopsie erhält sie am 1. Juli – sie ist gerade an der Fashion Week Berlin – die Hiobsbotschaft. Ihr Arzt ruft an, erklärt ihr, dass sie Brustkrebs hat. «Ich habe das zunächst nicht wirklich realisiert, war wie in Trance.» Sie nimmt ihre Termine wahr, und sie muss ihren Mann informieren. «Es war ein Schock. Aber wir haben gesagt, wir bleiben jetzt ruhig und gehen einen Schritt nach dem anderen. Christopher kam noch am selben Tag aus München zu mir nach Berlin. Wegen der Fashion Week gab es keine Hotelzimmer mehr. Also schliefen wir in meinem kleinen Einzelzimmer, Arm in Arm, in diesem viel zu kleinen Bett. Natürlich flossen in dieser Nacht viele Tränen.»
Doch sie machen es, wie sie es sich vorgenommen haben: Schritt für Schritt – Chemo, OP, Bestrahlung. Die Chemo ist eine Tortur. «Das Zellgift ging ans Gehirn. Ich wurde schwermütig und hatte Anwandlungen von Verfolgungswahn.» Und die Gräfin weiss: Sie wird ihre Haare verlieren – und lässt sich im Rahmen einer Abschiedsparty den Kopf rasieren. «Durch den Krebs verliert man die Kontrolle über sein Leben. Aber wann ich die Haare verliere, wollte ich selbst bestimmen.»
Genommen hat ihr der Krebs auch ihren Traum von eigenen Kindern. Sie ist weiter in Behandlung, macht eine Antiköpertherapie und wird fünf Jahre lang ein Medikament nehmen, das sie in künstliche Menopause versetzt. «Wir hätten gerne Kinder gehabt. Darunter leide ich sehr», sagt sie in «Bunte».
Für den Prozess der Genesung sei es aber wichtig, den Blick nicht darauf zu richten, was einem der Krebs genommen hat, sondern auf den Filtereffekt, den er aufs Leben hat. Sie wolle in Zukunft liebevoller zu sich selbst sein, habe zu viel gearbeitet. Und sie kann sagen: «Unsere Ehe ist durch den Krebs stärker geworden. Unsere Liebe hat noch mal einen Schub gemacht.» Ihr Mann stehe zu 100 Prozent hinter ihr. Während sich viele Paare durch so eine Krise voneinander entfernen, sind sie sich näher denn je. «Ich bin mir unserer Liebe heute sicherer als damals bei der Eheschliessung mit Christopher. Ich bin sehr stolz auf ihn, auf uns.»