Pirmin Reichmuth
Hier heiratet er seine Freundin
Die coronabedingte Wettkampf-Pause hat auch gute Seiten: Der Schwinger nutzte die Zeit und bat seine Partnerin um ihre Hand. Nun organisieren sie die Vermählung.
Ein solch vergnügtes Paar bekommt man selten zu Gesicht! Am frühen Samstagmorgen trifft die GlücksPost Pirmin Reichmuth (24) und seine Verlobte Marion Betschart (26)
im Villette-Park in Cham ZG. Hier verbrachte Piri, wie er oft genannt wird, einen Teil seiner Jugend, und um die Ecke ist der Schwingkeller, wo er fast täglich trainiert.
In Cham begann auch die Liebesgeschichte zwischen dem Schwinger und der ehemaligen Handball-Torhüterin. «Marion machte ihre Kochlehre hier und wohnte bei einer Familie, die ich ebenfalls kenne. So trafen wir uns.» Vor sechs Jahren, am Anfang ihrer Beziehung, verbrachten die beiden viel Zeit im malerischen Park am Zugersee. Deshalb soll die zivile Trauung an diesem Ort stattfinden. In der Villa Villette werden sie am 2. Oktober 2021 die Ringe tauschen. Nicht in der Kirche? «Ha! Du hast natürlich
gedacht, ein Schwinger und Innerschweizer macht das ganz traditionell», scherzt Pirmin triumphierend, als er mich bei meiner klischeehaften Vorstellung ertappt.
Bei diesen Neuigkeiten ist die Frage nach Familienplanung erlaubt. Zudem hat Marion aufgehört, selbst Handball zu spielen, trainiert einmal wöchentlich die Junioren. Ist etwa schon Nachwuchs unterwegs? «Es ging einfach nicht mehr mit dem Handball neben der Ausbildung», stellt die Muotathalerin klar, die zurzeit die Handelsschule macht. Im März 2021 schliesst sie sie ab. Gleichzeitig mit Pirmin, der sich zum Physiotherapeuten ausbilden lässt. «Wenn wir das hinter uns haben, legen wir erst mal die Füsse hoch!», freut sich der gelernte Metzger schon. Doch dann werden eigene Kinder ein konkretes Thema: «Jedes Mal, wenn ich meine Neffen sehe, denke ich: Es wäre schon schön», schwärmt Marion.
Für die beiden hängt der Himmel voller Geigen. Sie necken einander fröhlich, plaudern und scherzen, nehmen lachend Glückwünsche zur bevorstehenden Vermählung entgegen – in Cham längst kein Geheimnis mehr!Es scheint, dass hier jeder und jede Piri und Marion kennt. Alle paar Meter halten sie für einen Schwatz mit Bekannten.
Die traurige Niederlage am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest in Zug hat keinen Platz mehr in Pirmins Gedanken. Anfang 2019 kehrte er nach einer kaum enden wollenden Reihe von Verletzungen in Topform ins Sägemehl zurück. Alle waren begeistert, und die ganze Innerschweiz hoffte, dass mit dem 1,98m-Riesen endlich wieder ein König aus ihren Reihen gekrönt würde – der zweite in 125 Jahren Schwingverbandsgeschichte.
Doch es sollte nicht sein. «Ich habe mich ein Jahr lang physisch und mental auf diesen Tag vorbereitet. Aber auf dem Platz bist du ganz allein. Das kann sich niemand vorstellen, der es nicht selbst erlebt hat.» Der Druck war zu gross. Und dann der nächste Schlag: Anstatt seine starke Form weiter unter Beweis stellen zu können, kam 2020 – das Jahr ohne Schwingfeste. Die Athleten trainierten tapfer weiter. Bis Pirmin und seine Chamer Mitstreiter kurz vor der traditionellen Trainingspause im September keinen Sinn mehr sahen und sie kurzerhand drei Wochen früher ansetzten.
Der Kampfgeist ging jedoch nicht verloren. Die Frage, ob er wie schon nach seinen Verletzungsjahren ans Aufhören gedacht habe, beantwortet Pirmin mit einem lauten: «Nein! Niemals! Stell dir vor – ich bin gesund, erfolgreich und so fit wie nie. Ich würde es dereinst bereuen, wenn ich jetzt nicht weitermachen würde.»
Seine nächsten Ziele im 2021 hat er klar vor Augen: der nur alle sechs Jahre stattfindende Kilchberg-Schwinget, an dem nur die Besten der Bösen antreten dürfen. Und der um ein Jahr verschobene Jubiläumsschwinget zum 125-jährigen Bestehen des Eidgenössischen Schwingverbands. «Das ist eine der wenigen Möglichkeiten, in die Geschichte einzugehen!»