Durch eine Panne zum Erfolg
Das Schweizer Ehepaar Straub erfand in einer Notsituation eine Sportart, die ohne Aufwand und teures Gerät sofort und von jedem gespielt werden kann – ob klein, gross oder mit Handicap.
Als Marcel (45) und Rahel Straub (40) vor fünf Jahren beschlossen, eine Auszeit zu nehmen, bevor ihr ältestes Kind in den Kindergarten musste, ahnten sie nicht, dass sich ihr Leben für immer verändern würde. Eigentlich wollten sie nach Australien reisen, aber das Jahr auch nutzen, um karitativ tätig zu sein. So kam die Anfrage von «Sport Aid Dominica» gerade recht. Marcel sollte helfen, auf der Karibikinsel Tischtennis zu etablieren – ein Plan der Regierung von Dominica. Der ehemalige Sportlehrer und Angestellte beim Zürcher Sportamt war perfekt für den Job: Er war Schweizer Meister im Squash und ist Spezialist für Sportarten mit Schläger und Ball.
Die ganze Familie Straub reiste mit 30 Kilo gesponsertem Material – Bällen und Rackets – nach Dominica. Nur um festzustellen, dass es im Inselstaat keine Tischtennis-Tische gibt. Doch die Helfer gaben nicht klein bei. Sie zeichneten dem Tischtennis ähnliche Spielfelder auf den Boden und merkten: Mehr braucht es gar nicht.
Zurück in der Schweiz tüftelten Straubs weiter an der Idee eines neuartigen Racketsports. Marcel: «Unsere Mission war und ist es, dass die Menschen in der ganzen Welt sich bewegen.» Sport vereint: In Straubs Fall sogar Behinderte und Ältere – jeder kann bei seinem Street Racket mitmachen, unabhängig von Spielniveau, Alter oder Konstitution.
«Es war ein Wink des Schicksals, und das fertige Konzept stand schon bald», sagt der Zürcher. Überzeugt von ihrer selbst erfundenen Sportart, gaben Marcel und Rahel vor drei Jahren ihre Jobs auf und wagten sich in die Selbständigkeit. Seither reisen sie um den ganzen Erdball. Vor allem auch in ärmeren Ländern, in denen sich die Menschen kaum mehr als das tägliche Essen leisten können, soll Street Racket ein Begriff werden: Schnell ein Feld auf den Boden oder gar in den Sand zeichnen, Dinge, die als Ball und Schläger dienen, auftreiben, und los geht es. «Man kann auch mit einer Pfanne, einem Buch oder ganz simpel mit der Hand spielen», erklärt Marcel. Das Spiel lässt sich fast grenzenlos variieren, um allenfalls handicapierte Personen oder auch die Jüngsten zu integrieren. Gespielt wird alleine, zu zweit oder auch in grösseren Gruppen. Anleitungen, Spielregeln sowie auch Bauanleitungen und Spielsets zum Selbermachen sind auf www.streetracket.net zu sehen.
«Uns war bei der Konzeption wichtig, dass alle bei dem Spiel mitmachen können, sich die Utensilien selbst fertigen lassen und die Basis-Variante nichts oder nur sehr wenig kostet. Zudem haben Männer keinen Vorteil, nur weil sie kräftiger sind. Street Racket ist ein Miteinander, kein Gegeneinander. Es lebt von Kontrolle, Spielfluss – und Spass.»
In der Schweiz gibt es an diversen Schulen bereits permanent markierte Street-Racket-Felder auf den Pausenplätzen, und Einführungskurse werden angeboten. Länder aus aller Welt zeigen Interesse an einer Lancierung. «Wir sind überwältigt und glücklich», sagt Marcel über sein neues Leben.