Felipe VI. von Spanien
Wie verkraftet die Familie den traurigen Abschied?
Schwerer Entscheid zum Schutz der Krone: Der Monarch hat seinen Vater Juan Carlos wegen möglicher illegaler Aktivitäten in die Verbannung geschickt. Für ihn und sein nächstes Umfeld ist dies eine Tragödie.
Es sei eine Entscheidung, die er tief bewegt, aber mit grosser Ruhe getroffen habe: «Ich verlasse Spanien», schreibt König Juan Carlos I. (82) in seinem Abschiedsbrief an seinen Sohn Felipe (52). Angesichts der öffentlichen Auswirkungen, die «gewisse vergangene Ereignisse» derzeit verursachen, wolle er ihm mit diesem Schritt die Ausübung seines Amts erleichtern. «Ich bin 40 Jahre lang König von Spanien gewesen und in all dieser Zeit habe ich immer das Beste für Spanien und die Krone gewollt. In ewiger Treue, in Liebe und stets ergeben, dein Vater.»
Als das Schreiben am 3. August vom Palast veröffentlicht wurde, hatte Juan Carlos sein langjähriges Zuhause, den Zarzuela-Palast, bereits Richtung Ausland verlassen. Nicht freiwillig, wie «El Mundo» berichtete: Von König Felipe VI. und Ministerpräsident Pedro Sánchez (48) soll er zu diesem Schritt gezwungen worden sein, um die konstitutionelle Monarchie zu retten. Felipe liess verlauten, die Entscheidung seines Vaters «respektvoll und wertschätzend» zur Kenntnis genommen zu haben. Und erinnerte an die historische Wichtigkeit der Regentschaft seines Vaters und dessen Dienst am Land und an der Demokratie.
Der Weggang von Juan Carlos, der 2014 abgedankt hat und auf Lebzeiten den Ehrentitel König trägt, ist historisch. Und wirft viele Fragen auf.
Was sind die Vorwürfe?
Der Oberste Gerichtshof in Spanien hat gegen Juan Carlos ein Verfahren eingeleitet zu seiner möglichen Verwicklung in diverse Fälle wie Geldwäscherei, Steuerhinterziehung, Offshore-Konten und verdächtige Zahlungen in zweistelliger Millionenhöhe. Begonnen hat alles mit
einer möglichen Schmiergeldzahlung an den damaligen König: Er soll 2008 von Saudi-Arabien 100 Millionen US-Dollar kassiert haben, als er bei der Auftragsvergabe für den Bau einer Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Mekka und Medina vermittelte. Ein spanisches Konsortium erhielt den Zuschlag.
Warum wird auch in der Schweiz ermittelt?
Das Geld wurde erst auf ein Konto einer Westschweizer Privatbank überwiesen, von dort später weiter transferiert. Das Konto lautete auf eine panamaische Stiftung, Endbegünstiger war Juan Carlos. Offenbar nicht das einzige, auf das Juan Carlos’ Geld für die Vermittlung von Aufträgen und die Beziehungspflege mit den Golfstaaten hinfloss. Die Genfer Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verdachts auf Geldwäsche.
Droht ihm Gefängnis?
Es könnte sein, dass er ins Gefängnis muss, wenn sich die Vorwürfe über Vorgänge, die sich nach seiner Abdankung 2014 ereignet haben, als richtig erweisen. Als Staatsoberhaupt genoss er noch Immunität.
Wie flog alles auf?
Den Anstoss gab die Ex-Geliebte von Juan Carlos, Corinna Prinzessin zu Sayn-Wittgenstein-Sayn (55). Vertraulich sprach sie einem spanischen Polizeioffizier gegenüber von den illegalen Geschäften des Königs. Sie sei als Strohfrau benutzt worden, um Geld auf verschiedenen Konten zu verstecken, ist auf einem Tonmitschnitt zu hören. Ihre Anwälte sagen: «Unsere Klientin ist erleichtert, dass das Verfahren in der Schweiz eingeleitet wurde. Es hat viele illegale Aktionen gegen sie gegeben, um das betrügerische System von einflussreichen Leuten in Spanien zu vertuschen. Dieselben Leute haben versucht, und versuchen weiter, sie zum Sündenbock für deren jahrzehntelanges, anstössiges Verhalten zu machen.» Am 8.9. soll sie vom Gerichtshof befragt werden.
Wo hält sich Juan Carlos auf?
Die einen meinten, dass er in die Dominikanische Republik geflogen sei, wo er einen milliardenschweren Zuckerfabrikanten kennt. Andere wollten erfahren haben, dass er sich bei einem Freund in Portugal aufhält. Doch wie nun herausgekommen ist, flog Juan Carlos nach Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten – offenbar zu befreundeten Scheichs. Er logiert im «Emirates Palace», einem der teuersten Hotels der Welt. Juan Carlos’ Anwalt betont, dass er nicht vor den spanischen Strafverfolgern «geflohen» sei. Er stehe der Justiz weiterhin zur Verfügung.
Wie gefährdet ist jetzt seine Gesundheit?
Die Aufregung und die Belastung sind für seine angeschlagene Gesundheit gar nicht gut. Vor einem Jahr erst musste er am Herzen operiert werden (drei Bypässe). In den letzten zehn Jahren hatte er um die 20 Operationen (u.a. Lungen-Tumor, Knie, Hüfte). Heute ist er auf Gehhilfen angewiesen, die Gefahr eines Sturzes ist gross.
Ist Gattin Sophia an seiner Seite?
Nein. Die Ehe ist zerrüttet – wegen seiner vielen Affären. Sie liess sich nie etwas anmerken, zeigte sich ihm gegenüber in der Öffentlichkeit immer sehr fürsorglich. Die 81-Jährige bleibt im Zarzuela-Palast wohnen, nimmt für ihre Stiftungen weiterhin Aufgaben wahr. Ihr zur Seite steht seit Jahren ihre Schwester, Prinzessin Irene (78), die eine grosse Stütze ist. Beide weilen aktuell in Palma de Mallorca im Marivent-Palast, der königlichen Sommerresidenz. Für Sophia war endgültig keine Versöhnung möglich nach seiner langjährigen Beziehung zu Corinna Larsen, geschiedene Prinzessin zu Sayn-Wittgenstein-Sayn. Wegen der 55-Jährigen wollte sich Juan Carlos 2014 sogar scheiden lassen und mit ihr offiziell zusammenleben. Seine Kinder konnten ihn in letzter Minute davon abbringen, daraufhin zerbrach die Beziehung.
Wie gefährdet ist Felipes Familienglück?
In der aktuellen Situation sehr, denn die Nerven liegen bei Felipe und Gattin Letizia (47) blank, an ein entspanntes Familienleben ist derzeit nicht zu denken. Auch fürs familiäre Umfeld ist die Tragödie äusserst schmerzhaft und eine grosse Belastung, da es sich den negativen Schlagzeilen um den einst so verehrten König kaum entziehen kann. Doch gegen aussen wird sich die Familie nichts anmerken lassen. Speziell leiden dürften seine Schwestern Elena (56) und Cristina (55), die ein enges Verhältnis zum Vater haben und möglicherweise mit Felipes Entscheid nicht einverstanden sind. Aber auch für die Enkel, denen Juan Carlos ein liebevoller Grossvater war, ist die Situation belastend. Für alle ist sein Weggang wie ein dauerhafter Abschied.
Wie lange hat die Monarchie noch Bestand?
Linksparteien und Separatisten forderten schon länger ein Ende der Monarchie. Laut Umfragen wünscht rund die Hälfte der Bevölkerung, dass der König durch ein demokratisch legitimiertes Staatsoberhaupt ersetzt wird. Eine Mehrheit möchte darüber abstimmen. Um die Monarchie zu schützen, hat sich Felipe bereits im Frühling von seinem Vater distanziert. Er strich seine Apanage und verzichtete auf jegliche Erbansprüche auf dessen im Ausland gehorteten Vermögen. Wie viel nun der Weggang von Juan Carlos dazu beiträgt, um ein Ende der Monarchie abzuwenden? Das wird sich erst in den nächsten Monaten zeigen.