Viren gurgelnd abwehren
Aktuell gibt es in der Schweiz wenig Corona-Neuinfektionen. Dennoch: Nebst Handhygiene und Abstandhalten schützt auch die Reinigung des Rachens vor einer Ansteckung.
Es gibt Viren, die von einer lipidhaltigen Schutzhülle umgeben sind, die ihr genetisches Material einschliesst. Das neue Corona-Virus, welches uns seit einigen Monaten intensiv umtreibt, gehört zu diesem Virentyp. Fachleute haben nachgewiesen, dass ein solches Virus nicht mehr in der Lage ist, menschliche Zellen zu infizieren, sobald seine Schutzhülle in ihre Bausteine zerfällt und dadurch sein genetisches Material rasch abgebaut wird.
Diese Erkenntnis ist für Viola Vogel, Professorin für Angewandte Mechanobiologie an der ETH Zürich, gerade in der aktuellen Zeit sehr relevant. Die Wissenschaftlerin ist überzeugt, dass eine regelmässige und bewusste Pflege des Rachenraums mittels Gurgeln und Trinken eine Ansteckung mit dem SARS-CoV-2-Virus über eine Tröpfcheninfektion erheblich verringert.
GlücksPost: Sie sagen in einem Artikel, dass die Schleimhäute der Atemwege wie Förderbänder für Viren hinaus aus der Lunge funktionieren. Können Sie das kurz erläutern?
Prof. Viola Vogel: Die Lunge würde durch das Einatmen von schmutziger Luft recht schnell verdrecken. Es braucht also Selbstreinigungsmechanismen, um unsere Lungen sauber und funktionsfähig zu halten, sodass wir auch im hohen Alter noch Sauerstoff über die Lunge ins Blut aufnehmen können. Zu diesem Zweck sind unsere Atemwege mit Schleimhäuten ausgekleidet, die ähnlich wie ein Fliessband allen Dreck und Partikel, die an ihnen kleben bleiben, zurück nach oben in unseren Mund und Rachenraum transportieren.
Das neue Corona-Virus wird auch über Tröpfchen und Aerosole in der Luft übertragen. Was kann man also tun, wenn die Viren bereits den Weg in den Rachenraum gefunden haben?
Sobald Viren in den Rachenraum gelangt sind, hängt die Wahrscheinlichkeit, ob wir erkranken, von vielen Faktoren ab. Erstens davon, wie viele Viren wir aufgenommen haben, die Dosis zählt. Zweitens, wo sich die Viren anhaften und wie effektiv unsere Schleimhäute die Viren wieder aus den Bronchien hinausschaffen können, bevor diese menschliche Zellen befallen können. Und drittens, ob wir unsere Nase, den Rachen und die bronchialen Selbstreinigungsmechanismen aktiv unterstützen.
Und wie unterstützen wir diese Selbstreinigung wirksam?
Da das neue Corona-Virus beim Einatmen primär in Tröpfchen eingebettet übertragen wird, bleibt eine Vielzahl zunächst in der Nase oder im Mundrachenraum hängen. Dies sind Oberflächen, die wir noch mit Nasenspülungen oder Gurgeln erreichen können. Regelmässiges Trinken verhindert zudem, dass unsere Schleimhäute austrocknen. Flüssiger Schleim lässt sich leichter von den Schleimhäuten transportieren und aus den bronchialen Bereichen husten, als fest sitzender Schleim.
Also sollten wir viel trinken, spülen und gurgeln. Was und womit?
Es gibt verschiedene Methoden. Das Trinken von heissen Tees fördert generell den Schleimtransport intensiv. Auch haben Pflanzen etliche Stoffe entwickelt, um sich selbst vor viralem Befall zu schützen, zum Beispiel die Gingerole in der Ingwerknolle. Ingwertees oder Ingwer-Mundspülungen und -Nasensprays sind daher sicherlich sehr wirksam.
Kann man etwa das Gurgeln beliebig wiederholen oder nutzt sich der Effekt irgendwann ab?
Gurgeln und Spülen können unterstützen, aber bieten natürlich keinen absoluten Schutz vor Corona und COVID-19. Das muss schon gesagt sein. Wie überall muss man deshalb den gesunden Menschenverstand walten lassen. Bewusst die Schleimhäute zu unterstützen ist ratsam, aber natürlich nicht ununterbrochen.