Katja Stauber
«Ich freue mich über die neue Herausforderung»
Nach 28 Jahren zieht es die Moderatorin hinter die Kulissen der «Tagesschau», sie wird Produzentin. Ein emotionaler Schritt für sie, der aber auch mit viel Vorfreude verbunden ist.
Der Countdown läuft! Am 3. April moderiert Katja Stauber (57) nach 28 Jahren zum letzten Mal die «Tagesschau». Kaum vorstellbar, dass das TV-Publikum dann noch einmal ihr berühmtes «Uf Wiederluege» hört – sie aber nicht wiederkommt. Zeit für sie, die Füsse hochzulegen? Mitnichten! Die Journalistin, Ehefrau von Kollege Florian Inhauser (52) und Mutter zweier erwachsener Söhne klettert auf der Karriereleiter eine Sprosse nach oben – von der
Moderatorin zur Produzentin der «Tagesschau». Seit Oktober bereits macht sie beide Jobs.
GlücksPost: Während Ihres Endspurts dreht sich alles ums Corona-Virus, eine besondere Herausforderung?
Katja Stauber: Definitiv! Klar: Es gibt immer wieder hektische Zeiten, aber so etwas Weltumspannendes, wo Millionenstädte abgeriegelt und Notstände ausgerufen werden, in denen ganze Länder zum Stillstand kommen, hatten wir tatsächlich noch nie. Das ist hektisch und streng – aber auch befriedigend. Da weiss ich abends, was ich getan habe.
Empfinden Sie das eher als mühsam oder spannend?
Ich mag Action und blühe in solchen Situationen richtig auf – ohne zynisch klingen zu wollen, denn meistens sind die Gründe für Trubel bei der «Tagesschau» ja nicht so toll. Aber Tage, die so dahinplätschern, finde ich fast ermüdend. Obwohl ich ein Mensch bin, der sich wirklich nie langweilt.
Was wird Ihnen in Zukunft fehlen?
Die Maske – am Ende eines Arbeitstages eine Stunde Entspannung, in der du wieder zum Strahlen gebracht wirst. Diesem Team gebührt ein grosses Lob. Ansonsten freue ich mich einfach wahnsinnig über diese neue Herausforderung, sodass ich wahrscheinlich nichts vermissen werde. Obwohl: Als Produzentin muss ich richtig, richtig früh aus den Federn, das sind lange Tage.
Dann sind Sie keine Frühaufsteherin?
Nein, ich bin eher eine Eule als eine Lerche. Aber auch das ist eine Herausforderung: Ich muss mich nochmals anpassen.
Rechnen Sie trotzdem mit Tränen zum Abschied?
Momentan komme ich gar nicht dazu, mir darüber Gedanken zu machen. Es ist ja ein Abschied, den ich selbst wollte, ohne schlechte Gefühle. Aber klar, ich habe diese Sendung mein halbes Leben lang moderiert – nicht meines Arbeitslebens, des gesamten Lebens! Das ist schon ein emotionaler Moment. Aber Tränen? Wir werden es am 3. April sehen. Das ist «Tagesschau»-Denken: Man nimmt jeden Tag, wie er kommt.
Haben Sie generell nahe am Wasser gebaut?
Bei Filmen schon, aber sonst eigentlich nicht. Und vor allem nicht in der Öffentlichkeit.
Sie wechseln in eine Führungsposition: Was gab den Ausschlag?
Die Lust, mitreden zu können. Das kann man als Moderationsperson zwar auch, das letzte Wort hat jedoch der Produzent oder die Produzentin. Die Sendung entsteht im Team, man ist im Dialog, spricht mit weiteren Verantwortlichen – aber am Ende steht bei «Redaktion» mein Name, und deshalb entscheide ich in letzter Instanz. Das finde ich nach 28 Jahren schon schön (lacht).
Sie haben tatsächlich lange gewartet…
Es kam mir vorher irgendwie gar nicht in den Sinn, man ist in so einem «Flow» drin. Zudem sind solche Stellen rar. Als sich nun jemand frühpensionieren liess, war mir klar: Das ist meine Chance. Ich habe es mir aber gut überlegt, hatte Respekt vor der anspruchsvollen Aufgabe. Gleichzeitig wusste ich: Ich kenne die DNA der «Tagesschau» und weiss, wie diese Sendung funktioniert. Ich traute es mir zu. Egal, was man im Leben macht: Es ist wichtig, mit Selbstbewusstsein und Überzeugung in einen neuen Job zu gehen.
Hat Ihnen dieses Selbstvertrauen vor 15 Jahren noch gefehlt?
Auf jeden Fall. Das hat zum einen mit der Erfahrung zu tun, dem Alter: Es liegt ja in der Natur der Sache, dass ich heute mehr weiss als damals. Und zum anderen spielt die familiäre Situation eine grosse Rolle: Ich hätte es mir als Mutter von zwei kleinen Kindern nicht zugetraut, es wäre von der Betreuungssituation her schlicht nicht gegangen. Jetzt sind meine Söhne erwachsen, es passt perfekt.
Was zeichnet Sie als Chefin aus?
Mir wurde gesagt, ich sei eine gute Krisenkommunikatorin. Letzte Woche etwa ging alles drunter und drüber: technische Abstürze, der Moderator hatte keinen Prompter, die Namenseinblender funktionierten nicht. Trotzdem habe ich die Ruhe bewahrt – was mich selbst etwas erstaunt hat. Doch: Ich glaube, ich bin in Krisen ziemlich stabil.
Sonst noch Stärken?
Ich bin entscheidungsfreudig, man kann mit mir reden, ich gestehe Fehler ein und habe, denke ich, eine natürliche Autorität, ohne herrisch zu sein.
Was bringt Sie auf die Palme?
Desinteresse, Schlampigkeit, Antriebslosigkeit. Wenn man etwas macht, soll man es richtig machen. Mal faul sein, das kann man zu Hause.
Einer Ihrer Mitarbeiter ist Ihr Mann, Florian Inhauser. Es gibt bestimmt Männer, die Probleme damit hätten.
Er nicht, aber wir haben das vorher schon diskutiert. Vor dem Entscheid waren wir in den Ferien, haben lange Gespräche geführt, auch über die neue Rollenverteilung. Aber Punkt A: Florian ist bei einer alleinerziehenden Mutter aufgewachsen und schätzt starke Frauen. Punkt B: Wir sind ein eingespieltes Team. Wir würden nie auf der Arbeit über etwas Privates streiten, und er ist nicht beleidigt, wenn ich als Produzentin etwas gegen seine Ansichten entscheide. Geschäft ist Geschäft, und privat ist privat. Wir vermischen das nicht.
Wie entspannen Sie zu Hause?
Es braucht einen Moment, runterzukommen. Aber sonst wie andere Leute auch: Ich komme heim, esse etwas Kleines, rede mit
meinen zwei Männern, vielleicht trinken wir einen Rotwein, schauen etwas fern, und dann geht es schon ins Bett.
Dann wohnt einer Ihrer Söhne nicht mehr daheim? Was machen Andri (24) und Jan (22) im Leben?
Andri ist vor zwei Jahren ausgezogen, er beginnt ein Studium der Kommunikation. Jan lebt noch zu Hause. Er studiert Politologie und Soziologie.
Sind Sie froh, dass einer noch bei Ihnen wohnt?
Und wie, das finde ich superschön – das ist der Vorteil, wenn man zwei Kinder hat (lacht). Als der Erste ausgezogen war, kam es mir vor, als sei mir ein Arm amputiert worden, ich habe mich nicht mehr ganz gefühlt. Es dauerte etwa drei Monate, bis ich das überwunden hatte – obwohl wir uns nach wie vor regelmässig gesehen haben! Die grosse Prüfung kommt dann, wenn Jan auch noch geht. Das wird irgendwann natürlich passieren. Und das ist auch richtig so. Ich hoffe aber, nicht so bald (lacht).
Sie haben kürzlich verraten, dass Sie sich schon auf den Moment freuen, wenn Ihre Söhne Ihnen Enkel schenken.
Ja, das ist doch das Schönste auf der Welt – aber noch in weiter Ferne. Ich fände ja so ein, zwei Jahre nach der Pensionierung toll, wenn man sich im Ruhestand zurechtgefunden hat.
Dann haben die beiden ja keinen Druck.
Den haben sie sowieso nicht, das ist ganz allein ihre Sache. Ich finde es einfach schön, wenn die Grosseltern als Unterstützung da sind. So, wie meine Mutter für mich und meine Söhne da war, als sie noch klein waren und ich viel herumhetzen musste, um alles unter einen Hut zu bringen.
Wie steht’s denn bei Ihnen selbst mit Familienzuwachs? Wie man hört, wünscht Ihr Mann sich einen Hund.
Das stimmt, das möchte er uuunbedingt. Und natürlich keinen kleinen Hund, ein Grosser muss es sein. Aber da fehlt noch die Zeit, ausserdem würde sich unser alter Kater kaum mit einem jungen Hund vertragen. Nach der Pensionierung bin ich jedoch ebenfalls offen dafür – allein schon, weil man dann bei jedem Wetter raus muss. Mit den Enkeln und dem Hund spazieren zu gehen: Doch, das stelle ich mir grossartig und auch romantisch vor! (Lacht.)