Mona Vetsch
Momente der Angst – und der Liebe
Aufwühlende Einsätze: Fürs TV besuchte die Moderatorin ein Demenzheim und war tief berührt. Bei einem anderen Dreh ergriff sie dann fast die Flucht.
Das war so nicht geplant! Eigentlich wird Mona Vetsch (44) in «Mona mittendrin» ins kalte Wasser geschubst: Sie darf nicht wissen, in welche unbekannte Welt sie für mehrere Tage eintauchen wird. Beim Dreh der vierten Staffel passierte es nun erstmals: «Äs hätt sich öpper verschnorred», gibt die Moderatorin zu. «Bis dahin dachte ich, das Wissen, wohin es für mich geht, würde es einfacher machen – aber ehrlich gesagt: Ich hatte mehr Schiss!»
Ihr Ziel war ein Heim für Menschen mit Demenz. Sonst sieht sie unbelastet einer Überraschung entgegen, diesmal drehten in ihrem Kopf Gedanken und Bilder. Wie wird es dort sein? Wie trete ich den Betroffenen gegenüber? «Demenz ist ein Angstthema. Jeder denkt doch: Furchtbar, hoffentlich passiert mir oder meinen Angehörigen das nie», sagt Mona, die in ihrem Umfeld noch nicht in Kontakt mit der Krankheit kam.
Aber: Das Unbehagen schwand schnell – genau gesagt schon in der Eingangshalle. Dort hielt ein Bewohner ein Mittagsschläfchen auf einem Sofa. Innerhalb der Anlage können sich alle frei bewegen, so, wie es ihnen wohl ist. «Das fand ich ein tolles Signal, eine schöne erste Begegnung.» Und auch jene, die darauf folgten, waren positiv – teils lustig, manches Mal auch traurig, immer berührend. So traf sie in der WG des Hauses Frauen, die gesund wirkten. Das Leiden zeigte sich erst im Gespräch – Geständnisse, dass sie ihr Zimmer nicht mehr alleine finden oder ihr Alter nicht wissen. «Das ist mir eingefahren – die Unterhaltung mit Leuten, die noch verstehen, was mit ihnen passiert, die über den Schmerz und ihre Angst reden können.»
Viele andere Patienten können das nicht mehr. Da laufe dann viel über Nähe ab. So wirkte eine Frau teilnahmslos, begann nach einer Berührung aber sofort zu strahlen. «Eine Pflegerin meinte: ‹Du kannst nicht mit gesunden Augen auf so ein Leben blicken und sagen, es sei nicht lebenswert. Eine demente Person denkt nicht wie wir›», erzählt Mona. «Für Angehörige ist es wahnsinnig schwierig, dennoch habe ich so viele Momente von Liebe gesehen. Männer und Frauen, die für ihre Partner da sind, sie nach einem langen gemeinsamen Leben noch mal neu kennenlernen.»
Hat ihr der Besuch im Heim die Angst vor der Krankheit genommen? «Insofern, dass ich gesehen habe, wie erleichternd es ist, in einem guten Heim zu sein. Was die Pflegenden leisten, hat mich sehr bewegt. Aber sonst … Ein Pfleger hat es schön ausgedrückt: Demenz ist ein Arschloch. Sie nimmt dir alles, was dir wichtig ist: deine Persönlichkeit, die Erinnerungen, deine Selbständigkeit. Was bleibt, ist die Fähigkeit, Liebe zu empfinden, Nähe zu spüren.»
Ergreifende Tage für Mona Vetsch. Ob die anderen Einsätze da leichter waren? So war die Thurgauer Bauerntochter bei einer Hofschlachtung dabei. «Ouh, das war was…», sagt sie. «Da habe ich zum ersten Mal überlegt, den Dreh abzubrechen. Aber ich habe mir dann gesagt: Ich esse Fleisch, also muss ich auch bereit sein, das zu sehen, auch wenn ich es eigentlich nicht will.» Zu Hause hätten sie nicht selbst geschlachtet. Es sei trotzdem da schon schwierig gewesen, die Tiere gehen zu sehen, auch wenn es dazugehörte. Das hier war schlimmer. «Aber ich habe grossen Respekt vor George Blunier, dem Landwirt. Er will die Verantwortung für das Tier bis zum Schluss tragen, ihm Stress ersparen, obwohl es auch für ihn nicht leicht ist. Die Sendung wird sicher Diskussionen auslösen. Aber das gehört dazu: Sachen zeigen, die im Versteckten stattfinden.»
Durch «Mona mittendrin» sei sie schon mit vielen Themen in Berührung gekommen – leichte, aber auch solche, die man sonst ausblendet. Dazu gehören auch der Tod, den sie übrigens gleich in der ersten Folge dieser Staffel, bei der Berufsfeuerwehr, hautnah miterlebt, sowie Krankheiten. Sie habe Menschen kennengelernt, die Unglaubliches meistern. Die Sendung sei für ihr Leben eine Bereicherung. «Man kann nur lernen. Nicht hinsehen ist schlimmer als hinsehen. Denn tut man das, merkt man: Es gibt nichts, was nur traurig ist, nichts, was so furchtbar ist, dass man es nicht durchstehen kann. Das ist etwas, das mir hilft: Selbst im Schlimmsten gibt es Gutes, Dinge, die Kraft geben und Freude machen.»