Donghua Li
Bewegender Abschied von seinem geliebten Buben
Er hat viel zu früh gehen müssen! Janis († 7), der Sohn des Kunstturn-Oympiasiegers, wurde vergangenen Freitag im Beisein von Familie und Freunden zu Grabe getragen.
Der Himmel ist grau über Adligenswil LU, als die Glocken der St. Martinskirche läuten. An diesem Nachmittag des 6. September sind viele gekommen, das Haus Gottes ist voll bis auf den letzten Platz. Alle sind sie hier, um Janis Li (†7) das letzte Geleit zu geben. Seiner Familie ihre Unterstützung zu zeigen in diesen schweren Stunden.
Am 20. August hat der Bub von Donghua Li (51) die Augen für immer geschlossen. Der Schweizer Kunstturn-Olympiasieger von 1996 steht tapfer zwischen den Kirchenbänken und empfängt die Gäste, schliesst Qian Huang (49) in die Arme, Janis’ Mutter. Zuvor, als die Kirche noch leer war, hat er mit zärtlicher Geste die Urne vor den Altar gestellt. Das Kreuz, das später Janis’ Grab zieren wird, daneben aufgerichtet.
Diakon Rolf Asal findet die richtigen Worte, die die geschundenen Eltern-Herzen nun brauchen. Er liest einen Brief von Janis’ Mama vor: «Deine Energie und Lebensfreude werden immer in unseren Herzen sein», wendet sie sich an ihren verstorbenen Buben, «und uns daran erinnern, dass Lebenszeit ein kostbares Gut ist, das nicht verschwendet werden darf.»
Donghua steht selbst vor die Gemeinde. Ihn quälen nach wie vor so viele offene Fragen. Noch konnte ihm niemand sagen, warum sein Sohn so früh gehen musste. Dabei hat er, bei dem Janis nach der Trennung seiner Eltern lebte, alles richtig gemacht. War vor kurzem noch mit ihm in der schulärztlichen Untersuchung, wo alles in Ordnung schien. Dann kam der Tag, an dem Janis seinen Papa auf seinen merkwürdig geschwollenen Bauch aufmerksam macht.
Im Spital sollte «nur» eine Biopsie gemacht werden, um das Krebsgewebe, das sich in Janis’ Bauch gebildet hat, genauer zu untersuchen. Diesen Eingriff überlebt der Kleine nicht.
Donghua zündet eine Kerze an, die Janis selber gezogen hat. «Die Erinnerung ist allgegenwärtig», sagt er stockend. «Ich sehe ihn zu Hause überall, ich spüre ihn.» Immer wieder spricht er von seinem Sohn in der Gegenwart, korrigiert sich dann – Janis ist nicht mehr, er war. Trotz all der Trauer möchte er die negative in eine positive Energie umwandeln. Er hat die Kinder-Stiftung «Swiss Longlong» gegründet. Longlong war sein Kosename für Janis’ – Long heisst auf Chinesisch «Drache».
Dann tritt Donghua beiseite und lässt Bilder sprechen. Fotos aus Janis’ kurzem Leben werden auf eine Leinwand projiziert: Janis als Neugeborenes auf der Hand des Vaters. Der erste innige Kuss der Eltern auf das kleine Köpfchen. Donghua Li und Qian Huang, wie sie stolz
ihren Nachwuchs vor der Kamera zeigen. Vater und Sohn auf der Schaukel. Und immer wieder der bewegungslustige Janis in Aktion. Zum Schluss singt er seinem Papa ein «Happy Birthday». Donghua wischt sich unablässig die Tränen von den Wangen.
Nach der Abdankungsfeier gehen die Trauernden auf den Friedhof. Der Blick der schluchzenden Eltern ist auf Janis Urne gerichtet. Und auf die Mulde in der Erde, die seine sterblichen Überreste übernehmen wird. Nun hat auch der Himmel seine Schleusen geöffnet.