Selten – aber gefährlich

Nicht nur die Füchse breiten sich in der Schweiz immer mehr aus, auch Fuchsbandwurm-Erkrankungen treten häufiger auf. Was tun, um sich davor zu schützen? Denn harmlos sind die winzigen Würmchen nicht.

Waldbeeren stehen unter dem schwersten Verdacht: «Vorsicht, nicht ungewaschen in den Mund stecken», bekommen schon kleine Kinder zu hören. Auf den verführerischen Früchtchen könnte nämlich ein Fuchs winzig kleine Bandwurmeier hinterlassen haben. Und diese wiederum haben es in sich: Gelangen sie in den menschlichen Körper, breiten sie sich über die Darmwand aus, gelangen schliesslich in die Leber oder andere Organe und können sich dort wie Tumore immer mehr ausbreiten und das betroffene Organ nach und nach schädigen.

Bis der Betroffene etwas davon merkt, kann es Monate oder gar Jahre dauern – oft wird die Erkrankung erst entdeckt, wenn sich bereits Folgen einer Organschädigung bemerkbar machen. Zwar kann man heute eine Fuchsbanderkrankung mit Operation und Medikamenten in Schach halten. Wirklich heilbar ist sie im fortgeschrittenen Stadium allerdings nicht mehr; eine Behandlung bedeutet Medikamente einnehmen auf Lebenszeit.

Also frühzeitig zum Arzt gehen? Das wäre natürlich am einfachsten – wenn sich eine Fuchsbanderkrankung denn frühzeitig melden würde. «Die Symptome sind aber unspezifisch, es gibt keine Symptome, die direkt darauf hinweisen», erklärt Dr. Marco Rossi, Chefarzt Infektiologie und Spitalhygiene am Luzerner Kantonsspital.

Beschwerden spüren die Betroffenen erst bei fortgeschrittenem Befall: «Dann kann das betroffene Organ Symptome machen.» Oft ist dieses Organ die Leber. Beschwerden wie Gelbsucht oder Schmerzen in der Lebergegend können Anzeichen einer Fuchsbandwurmerkrankung sein. In ganz seltenen Fällen kann sich der Bandwurm auch im Gehirn festsetzen – die verheerendste Variante.

Ultraschall oder Röntgen sind die ersten Untersuchungen bei einschlägigen Beschwerden. Zeigen sich dort Auffälligkeiten, kommen Zusatzabklärungen dazu. Nachweisen lässt sich die Erkrankung schliesslich durch einen Bluttest, der den Erreger Echinococcus multilocularis identifiziert.

Es müssen nicht die Beeren sein

Also Finger weg von Waldbeeren und allem, was in Bodennähe wächst? «Wir sind vorsichtig mit solchen Empfehlungen», sagt Dr. Rossi. «Es ist nicht so sicher, dass die Beeren die Schuldigen sind. Es ist zwar so, dass man die Wurmeier an diesen Beeren findet. Aber ob die Menschen, die sich angesteckt haben, sich wirklich dort angesteckt haben, weiss man nicht.

Es gibt wahrscheinlich auch andere Übertragungswege.» Denn der Fuchsbandwurm ist zwar nach dem Fuchs benannt, aber es gibt auch Hunde, die ihn mit sich herumtragen. «Zwar wenige – aber da der Mensch viel mehr Kontakt hat mit Hunden, ist eine Ansteckung durch Kontakt mit einem Haushund auch möglich.»

Natürlich empfiehlt auch der Infektiologe, Waldbeeren vor dem Verzehr zu waschen oder abzubürsten. Panik vor dem winzigen Wurm ist aber nicht angebracht. «Der Aufenthalt im Wald ist etwas Schönes, und das sollte man niemandem vermiesen», findet der Facharzt. «Im Strassenverkehr sind die Gefahren für Kinder viel grösser.»

Und eine kleine Entwarnung: Noch lange nicht jeder, der einen Fuchsbandwurm erwischt, wird davon krank. Es gibt auch Fälle, wo das Immunsystem sich des Eindringlings annimmt – und ihn ausschaltet. Dr. Rossi: «Viele Menschen haben Antikörper im Blut, waren aber nie krank. Deshalb kann man davon ausgehen, dass bei ihnen das Immunsystem sich mit dem Erreger befasst hat.»

Infos

Nach Schätzungen von Experten treten in der Schweiz jährlich 50 bis 100 neue Fuchsbandwurmerkrankungen auf. Das ist wenig, bedeutet aber trotzdem eine stetige Zunahme in den letzten Jahren. Genaue Zahlen gibt es nicht, da die Erkrankung nicht meldepflichtig ist.