Der Drehbuch-Flüsterer
Die ZDF-Fernsehserie «Der Bergdoktor» verblüfft immer wieder mit ausgefallenen Krankheitsfällen. Sind sie echt oder erfunden? Die GlücksPost hat nachgefragt.
Wenn «Der Bergdoktor» mit seinem medizinischen Wissen brilliert und selbst seltensten Krankheiten auf die Spur kommt, steckt nicht nur die Phantasie der Drehbuchautoren dahinter. Der Herr über Geräte, Scheren, Mullbinden, Tupfer, Skalpell und Schläuche, vor allem aber über Krankheiten aller Art und deren Heilung heisst Dr. Pablo Hagemeyer (48).
Der Bayer ist medizinischer Fachberater der Serie – also gewissermassen der Arzt, dem die Drehbuchautoren vertrauen.
GlücksPost: Im «Bergdoktor» gibt’s auch rare Krankheiten. Sind die erfunden?
Pablo Hagemeyer: Auch, ja. Am Anfang trauten wir uns das nicht, haben stets hart recherchiert und es so hingebogen, dass es passt. Aber wir suchen schon gezielt nach seltenen Krankheiten.
Zum Beispiel?
Immundefizit-Erkrankungen oder wundersame Geschichten, dass ein Tumor heilt. Eine Suche im Grenzbereich zwischen Humanmedizin und Grundlagenforschung. Auch die Krankheit BD-1 war erfunden, ein Akronym für Bergdoktor 1. Hat keiner gemerkt.
Gab es schon Reklamationen, dass eine Diagnose völlig aus der Luft gegriffen sei?
Kaum. Wir schauen eben schon, dass es passt. Oder wir anonymisieren die Krankheit, dann heisst sie etwa GM4 – die gibt’s wirklich: Gangliosidose. So versteht das keiner, und so funktioniert’s auch (grinst). Interessanterweise werden die Fälle oft im österreichischen Fernsehen von Professoren nachbesprochen. Auch eine wundersame Behandlung eines Astrozytoms, also eines Gehirntumors, wurde seriös nachbesprochen – aber für unwahrscheinlich erklärt. Damit können wir umgehen. In der Realität gibt’s ja auch Wunder.
Wurden Ihnen auch schon von Ärztekollegen echte Krankheitsfälle zugespielt?
Ja, und zwar medizinisch spannende Sachen. Tumore, die verkannt werden oder so. Wir nennen das die Krankheit hinter der Krankheit. Für solche Kulissen nehme ich gerne Ideen von Kollegen, die man dann im ersten Teil der Geschichte einbaut. Oder seltene Krankheiten: Ich mache mich stark dafür, dieses Phänomen in die Öffentlichkeit zu bringen und Beteiligte zu ermutigen, bei der Suche nach einer Behandlungsmethode nicht aufzugeben. So machen’s auch die echten Kollegen, die für die Patienten kämpfen.
Gibt es ein No-Go?
Erbrechen und Durchfall kommen im «Bergdoktor» nicht explizit vor. Das deuten wir höchstens an. Eigentlich schade, weil Ärzte häufig mit solchen Fällen beschäftigt sind. Wenn wir mal einen Blutbeutel aufhängen, ist es schon ein Highlight. Meine Sehnsucht nach sichtbarer, träufelnder Organmedizin ist aber ungebrochen, solange sich eine gute Geschichte damit erzählen lässt.
Und warum so sparsam damit?
Wir hatten mal eine Folge, in der operiert wurde. Ich stand selbst als Operateur am Tisch, mit den Armen im Bauch eines Patienten. Das war schon sehr blutig und kam nicht so gut an. Das war ganz am Anfang.
Wie gehen Sie mit Arznei-Namen um?
Die dürfen wir nicht nennen. Wir erfinden andere Namen oder umschreiben sie.
Könnte man bei einem Notfall in Ihrem Fernseh-OP loslegen?
Nein, die Geräte sind nur Kulisse. Wir haben Strom, aber keinen Sauerstoff, steril sind wir ebenfalls nicht. Da meist echte Ärzte in der Nähe sind bei OP-Szenen, ist das Team aber abgesichert, falls medizinisch mal etwas nötig sein sollte.
Spielen Sie eigentlich auch selber mit?
Ab und zu im Operationssaal, aber oft sieht man nur meine Hände, beim Nähen zum Beispiel. Oder ich gehe im Spital den Gang entlang oder humple mit Hexenschuss.
Wie viel Arzt steckt in Hans Sigl?
Er könnte reanimieren oder Blut abnehmen. Hans würde das wohl bestreiten. Es ist Teil der Rolle, das zu spielen, aber Arzt ist er nicht. Anfangs habe ich ihm gezeigt, wie sich Ärzte verhalten: Da geht es um professionelle Haltung, abgrenzend und empathisch sein zu können, wie man auftritt, aufeinander zugeht, die Hand gibt.
Wie würden Sie in Ihrer Funktion als Psychotherapeut Dr. Martin Gruber beschreiben?
Als selbstsicheren, überengagierten, meist effektiven Menschenfreund-Typ mit Bindungsängsten.