Sabine Dahinden
Dem Himmel so nah
Fürs «Schweiz aktuell»-Sommerprojekt geht es für die TV-Frau in die Berge: Sorgen die Alpentouren für Torturen oder Hochgefühle?
Sie wartet am Bahnhof, klein, fein, zierlich, macht strahlend der Sonne über Kandersteg Konkurrenz. Sabine Dahinden (49) hat es geschafft: Die erste Tour für das diesjährige «Schweiz aktuell»-Sommerprojekt liegt hinter ihr. «Die Alpenreise» (ab 16. Juli, 19 Uhr, SRF 1) zeigt die Entwicklung des Tourismus in den Bergen in den letzten 155 Jahren. Heute also wohlverdiente Pause für die Moderatorin: «Was für ein Gegensatz», sagt sie auf dem Weg ins Restaurant und blickt auf die Berge, «von der Hütte ins Hotel, vom Gletscher ins Tal». Oh ja, nach Biwak und Plumpsklo schätzt sie das Zimmer mit weichem Bett und eigenem Bad. «In den Bergen darf man nicht heikel sein», resümiert sie die erste Nacht in der Hütte. «So nahe beieinander liegen, einer schnarcht immer – zum Glück habe ich jeweils Ohrstöpsel dabei.» Dafür zu wenig warme Kleider.
Den freien Tag nutzt Sabine Dahinden darum auch, um sich für die nächste Tour zu wappnen: «Mein Schwachpunkt sind die stets kalten Finger. Ich habe Wärmebeutel gekauft und ein warmes Shirt. Hoffentlich passiere ich damit auch die Materialkontrolle der beiden Bergführer !» Wobei sie es schon gut findet, dass darauf geachtet wird. Man trage im Rucksack nebst Proviant ja auch Klettergstältli und Steigeisen, plus das Material der Kameraleute. «Ich erhielt zum Glück nur ein kleines Ladegerät zum Tragen, bin ja nicht grad der Muskelprotz», sagt sie und zeigt ihre Oberarme.
Sie fühlt sich genau so fit wie 2013 – damals bestieg sie für «Dahinden am Berg» den Mönch –, sei vielleicht auch ein wenig vernünftiger. «Zweimal schauen, wohin man den Fuss bei einer heiklen Passage setzt.» Klettern am Fels gefällt ihr zwar, sie sei aber nicht sicher, ob es ihr wirklich gelinge: «Ich war schlecht im Turnen und bin nie die Kletterstange hochgekommen.» Ein-, zweimal in den vergangenen Tagen schlugen die Bergführer ein schnelleres Tempo an. «Das waren Momente, in denen ich auf die Zähne beissen musste.» Aber bekanntlich kommt man in Uri mit Stierengrind zur Welt, also ging sie weiter. Irgendwann gelangt man auf jeder Tour an einen Punkt, wo man sich sagt: «Meine Güte, wie schön wär’s jetzt stattdessen zu Hause auf dem Sofa!» Sabine Dahinden lacht und stochert in ihrem Salat. «In solchen Situationen hilft es, wenn man Ähnliches schon als Kind erlebt und gelernt hat, sich durchzubeissen.»
Oben, auf dem Gipfel, ist dann aber alle Mühsal vergessen. «Die Freude versetzt einen in eine Art Rausch. Und dem Himmel so nah, sind alle Sorgen weg, man ist nur noch im Hier und Jetzt.» Es sei schon erstaunlich, «was wir als Menschen mit unseren zwei kurzen Beinen erreichen können.»Auf dem Tischset im Restaurant sind die Berge der Gegend abgebildet. Dahinden deutet auf einen: «Da, di Wyssi Frau. Es wäre wunderbar, wenn wir das schaffen. Doch Kandersteg ist so weit unten …» Sie kommt ins Sinnieren: «Irgendwie ist das wie so oft im Leben. Man macht etwas, das man sich nie zugetraut hätte, Schritt für Schritt – und plötzlich hast du’s hinter dir.»
Was ihr hilft: Ehrgeiz und der Wille, an Grenzen zu gehen. «Scheitern empfände ich aber nicht als schmerzhaft.» Ihr fiele kein Zacken aus der Krone, wenn sie sagen müsste, «es gaad nimme». Ein Training in den Bergen für die «Alpenreise» lag zeitlich nicht drin. Genau das will sie zeigen: Dass man eine mittelschwere Bergtour auch schafft, wenn man sich im Alltag regelmässig bewegt. Als normaler Mensch, der gesund lebt. Dann erfüllt sich hoffentlich auch ihr Wunsch: im Alter agil sein zu können.
Nicht so wie jetzt: Beim Aufstehen verzieht sie das Gesicht: «die 1800 Höhenmeter gestern». Heute müssen die geplagten Beine Sabine Dahinden nur ins Zimmer tragen: Kleider waschen. «Dass diä de wider besser schmecket», wenn sie zur Wyssi Frau aufbricht.