«Gebt mir endlich die Urne meiner Frau»

Seine geliebte Frau stirbt unverhofft. Während sie eingeäschert wird, liegt er mit einer Lungenentzündung im Spital. Danach will er die Urne abholen. Doch die Gemeinde Villmergen AG hat sie beschlagnahmt.

«Fränzi, mein Schatz, hier ist dein Kaffee.» Liebevoll berührt Franco Del Popolo die Schultern seiner Frau. Es ist Sonntagmittag, 21. Januar 2018. Keine Reaktion, Franziska scheint tief zu schlafen. Er versucht erneut, sie zu wecken. Doch sie ist tot. Herzversagen. «Ich war wie gelähmt. 21 Jahre lang waren wir zusammen glücklich – und dann dieses jähe Ende», seufzt der 48-Jährige. Am Abend zuvor hatte sich seine herzkranke Frau (52) unwohl gefühlt, er mass 39,9 Grad Fieber und fuhr mit ihr ins Spital in Muri AG. Dort meinten sie, es sei nichts Besorgniserregendes, und hielten es nicht für nötig, nochmals Fieber zu messen. Schweren Herzens kehrten sie nach Hause zurück. Franziska verbrachte eine unruhige Nacht. Morgens um vier Uhr stellte ihr Mann fest, dass sie friedlich schlief. «Ich war froh, dass Fränzi endlich Schlaf gefunden hatte. Deshalb wollte ich ihr erst gegen zwölf Uhr den Kaffee ans Bett bringen. Dann dieser Schock!».

Es folgten die nach einem Todesfall üblichen Formalitäten. Danach beauftragte er ein Beerdigungsinstitut mit der Einsargung und liess seine Frau in den schönsten Kleidern herrichten. Doch der ohnehin gesundheitlich angeschlagene Del Popolo erlitt noch vor der Kremation eine Lungenentzündung und musste ins Spital.

Nach seiner Genesung wollte er im Bestattungsinstitut die Urne abholen. Die sei von der Gemeinde Villmergen AG beschlagnahmt worden, hiess es. Del Popolo fiel aus allen Wolken und erkundigte sich dort nach dem Grund. Die Mutter und die Schwester der Verstorbenen verlangten via einen Anwalt die Hälfte der Asche, wurde ihm erklärt. Deshalb habe man auf Anraten des Kantons beschlossen, die Urne bis zur Beendigung des Rechtsstreits im Keller der Gemeinde aufzubewahren. «Ich war wie erschlagen. Während meines Spitalaufenthalts hatte es niemand für nötig befunden, mich über diesen Anspruch der Verwandten zu informieren.»

Die Eheleute waren sich einig: Wenn einer von ihnen stürbe, würde die Asche vom Partner in den Villmergerbach gestreut. Dieses Versprechen hatten sie jedoch nicht schriftlich festgehalten. Das wurde Del Popolo zum Verhängnis. Die beiden waren sehr naturverbunden. Der Betriebsökonom ist auch Fischereiaufseher und Pilzkontrolleur. «Wir haben viel zusammen unternommen und waren auch in Alaska zum Lachsfischen.»

Seine Stimme stockt: «Ich werde die Asche meiner geliebten Frau mit niemandem teilen.» Auch nicht mit Franziskas Mutter und Schwester, denn seine Frau habe mit ihren Verwandten kaum Kontakt gehabt und er schon gar nicht. «Wer kann denn der Verstorbenen näherstehen als ich, ihr Ehemann?» Seit 21 Jahren waren sie zusammen und hatten 2002 geheiratet. «Wir führten eine harmonische Ehe.»

Doch die Gemeinde Villmergen will die Urne nicht freigeben, bis der Fall juristisch geklärt ist. «Man machte mir den absurden Vorschlag», erzählt Del Popolo mit einem bitteren Lächeln, «ich könne ja im Gemeindehaus vorbeikommen um die Urne meiner Frau zu besuchen. Danach werde sie wieder im Keller verstaut.»

20. Februar 2018: Endlich, der Gemeinderat hat entschieden, die Urne gehöre Franco Del Popolo allein. Doch die Verwandten der Verstorbenen haben noch einen Monat Zeit, gegen diesen Entscheid Einsprache zu erheben. Nachdenklich steht Del Popolo  am Villmergerbach, dem er die Asche seiner Franziska übergeben möchte: «Ich hoffe, dass ich sie schon sehr bald endlich hier verstreuen kann.»


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