Michael von der Heide
Sein Heimatdorf wird jetzt Fernsehstar
Er ist der berühmteste Sohn von Amden hoch über dem Walensee. An jeder Ecke des Dorfs übermannen den Chansonnier die Erinnerungen.
Wir waren immer etwas anders, als die anderen», sinniert Michael von der Heide beim Kaffeetrinken mit seinen Eltern in seinem Heimatdorf Amden SG. «Wir waren halt eine der wenigen reformierten Familien in diesem katholischen Ort. Das war damals ein Thema», fügt seine Mutter Ruth (77) an. Und Vater Günter (79) meint: «Dazu waren wir auch noch Fremde.» Er, ein gebürtiger Deutscher, und Ruth lernten sich in Davos kennen. Später zogen sie nach Amden, weil Günter bemerkt hatte, dass es hier keinen lokalen Elektriker gab. So siedelten von der Heides in das Dörfchen hoch über dem Walensee um, eröffneten ein Geschäft, bauten ein Haus und bekamen zwei Söhne: René (50) und Michael (46).
Der Chansonnier führt die GlücksPost an die Plätze seiner Kindheit und Jugend. Im «Holzstübli», gleich neben dem Skilift, herzt er Inhaberin Erika Gmür zur Begrüssung. «Hier waren wir oft zum Après-Ski oder zum Jassen», erzählt Michael. Bis er etwa 16 Jahre alt war, fuhr der Musiker Rennen für die Jugendorganisation von Swiss Ski, aber auch internationale Abfahrten. «Ich merkte jedoch, dass das nicht meine Zukunft war.»
Ein weiterer wichtiger Ort ist die katholische Kirche. Michael ging hier oft zum Gottesdienst, obwohl seine Mutter das nicht so gern sah. «Ich mochte das Singen, den Weihrauch und das ganze Brimborium. Das war viel lässiger als bei den Reformierten.» Und ein Stück weit sei er auch darum in die katholische Kirche, weil er so sein wollte wie die anderen. Hier hatte der kleine Michael ambivalente Gefühle: Einerseits wollte er dazugehören, andererseits strich er sein Anderssein heraus – etwa mit seiner Verehrung von Paola. «Ich habe schon auch Bon Jovi und so gehört wie meine Freunde. Aber bei Paola gab es offiziell keine Gleichgesinnten. Das zelebrierte ich ganz für mich.» Er glaubt, dass das Einfluss auf seine Karriere hatte: «Abgrenzung kann auch positiv sein: Wenn man etwas Spezielles schafft und ist, gibt das Kraft und setzt den Mut frei, Neues zu wagen. Ich wollte mein Leben nie in einem kleinen Dorf verbringen. Ich wusste immer, dass es mehr gibt. Mit 16 bin ich gegangen.»
Seit seiner Kindheit hat sich Amden sehr verändert. «Damals war das ein kleines, idyllisches Dorf. Jetzt ist es für meinen Geschmack teilweise unschön überbaut.» Neubauten verstellen den Ausblick auf Walensee und Berge von seinem ehemaligen Elternhaus aus. «Sie haben das Haus schon vor einem Jahr verkauft und sind in eine altersgerechte Wohnung im Dorfkern gezogen. Das fiel ihnen nicht leicht, deshalb bin ich stolz auf sie, die Entscheidung früh genug gefällt zu haben.»
Vor seiner alten Primarschule erinnert sich Michael daran, dass er schon als Kind lieber mit den Mädchen spielte und Blumen pflückte, als mit den Buben Sport zu treiben. «Ich war immer so, ganz unbewusst.» Auch die Mutter sah nichts Befremdliches, als ihr Sohn beim Betrachten der Kaninchen fand, er wäre lieber ein Weibchen, weil die Kinder bekommen. «Es gab deswegen nie Anfeindungen. Ich konnte aber auch immer gut reden und austeilen. Ich war nie ein Opfer. Und ich war hell genug, mich mit den Richtigen zusammenzutun», meint der Sänger verschmitzt.Der Ausflug ist bald zu Ende. Michael muss nach Zürich zu einem Auftritt am TV. Danach tourt er als Teil von Christoph Marthalers Liederabend «King Size» durch die Welt. Und ab 21. November spielt er in der Wiederaufnahme des Musicals «Cabaret» im Zürcher Bernhard Theater den Conférencier. Amdens berühmtester Sohn
hat viel zu tun.
Blick nach Amden
In der neuen Ausgabe der fünfteiligen Reihe «SRF bi de Lüt – unser Dorf» porträtiert das Schweizer Fernsehen Bewohner von Amden SG – wie sie die Veränderungen erleben und sich in der Dorfgemeinschaft geborgen fühlen (ab 2.3., freitags, 20.05 Uhr, SRF 1).