Sandra Studer
Abschalten in ihrem heimlichen Paradies
Hier ein Musical, da eine Sendung: Die TV-Frau und Sängerin führt ein bewegtes Leben. Kraft und Ruhe tankt sie mit ihrer Familie in ihrem geliebten Ferienhaus im Münstertal.
Der Schnee fällt sanft vom Himmel, verleiht der friedlichen Atmosphäre im Münstertal einen beinahe besinnlichen Anstrich. Sandra Studer (49) hat es sich in der Fensternische ihres Ferienhauses gemütlich gemacht: Oft tut sie das mit einem Buch in der Hand, oder sie schaut einfach nur hinaus in die verschneite Landschaft. «Ich mag es, die Langläufer zu beobachten – wie sie sich Ruhe gönnen und die Natur geniessen. Nicht ständig aufs Handy schauen müssen, einfach die Zeit verstreichen lassen. Ein Grundgefühl, das man früher wohl intensiver gelebt hat. Heute muss alles immer schnell, schnell, schnell gehen. Ich selbst bin in meinem Alltag ja auch in einem ziemlich hohen Tempo unterwegs.»
Der Jahresanfang war das beste Beispiel: Neben einem Theater-Workshop und privaten Moderationen bereitete sich Sandra Studer auf die Tanzshow «Darf ich bitten?» (ab 10.3., samstags, 20.10 Uhr, SRF 1), vor. Anders als 2017 ist diese nun vierteilig: In zwei Qualifikationsshows kämpfen Stars wie Susanne Kunz, Tonia Maria Zindel, Bo Katzman und Linda Fäh um den Einzug ins Halbfinale und Finale. Sandra Studer moderiert auch dieses Jahr. Ursprünglich wurde sie als Teilnehmerin angefragt, was wegen einer Schulterentzündung, die nicht bessern will, aber ausgeschlossen ist. Umso glücklicher ist sie, als Moderatorin dabei sein zu dürfen. «Ich bin tief beeindruckt von den Kandidaten: Sie proben mit knüppelhartem Einsatz, trainieren mehrmals in der Woche stundenlang, schinden ihre Füsse regelrecht.» Während eines Trainingsbesuchs berührte sie ein Tanz so sehr, dass sie in Tränen ausbrach. «Das ist mir noch nie passiert!»
Das aber ist nun vorübergehend wieder in den Hintergrund gerückt. Ein Tapetenwechsel sei nötig gewesen. Und das Ferienhaus ist dafür genau der richtige Ort – ihr kleines privates Paradies, das sie den «Familienhorst» nennt. So wundert es nicht, dass auch ihre Liebsten mit von der Partie sind. Ihre Kinder Gian (19), Lili (17), Nina (11) und Julia (9) sind trotz des Schneefalls auf der Skipiste unterwegs – gezwungenermassen: Die Älteren haben Ferienjobs als Skilehrer, die Jüngeren sind in der Skischule. Und ihr Mann, Anwalt Luka Müller (53), arbeitet in einem der Zimmer des geräumigen Hauses und kuriert dabei seinen Hexenschuss aus.
Sandra Studers Gatte ist «schuld» daran, dass sie ihr Herz ans Münstertal verloren hat. Seine Mutter ist teilweise hier aufgewachsen, er kam immer schon hierher – und prüfte damals, vor 28 Jahren, seine neue Freundin. «Er hat mit mir den Münstertaler-Test gemacht: Er nahm mich mit, um zu sehen, ob es mir gefällt. Wäre es anders gewesen, hätte er mich wahrscheinlich in die Wüste geschickt», erzählt Sandra Studer und lacht. «Als wir damals über den Pass fuhren und ich Kopfschmerzen bekam, schaute er mich ganz kritisch von der Seite an. Es gefiel mir dann aber sehr, und das ist bis heute so.»
Im Münstertal, sagt sie, da ticken die Uhren anders. Neben der idyllischen Umgebung mit den Bergen und den hübschen kleinen Ortschaften haben sich vor allem die Menschen hier einen Platz in ihrem Herzen erobert. «Sie sind sehr geerdet, man ist – ob bekannt oder nicht – kein ‹Nümmerli›: Sie sehen dich und kennen dich auch beim nächsten Mal noch», erzählt sie. «Und ja, ich denke oft, dass die Leute hier besser verstehen, was wichtig ist, hier geht es ums Leben, das Zusammenleben und sogar das Überleben, weil es vor allem für die jüngere Generation oft nicht einfach ist, in diesem abgelegenen Tal ein Auskommen zu finden.»
Bis vor sechs Jahren quartierte sich Familie Studer jeweils bei Lukas’ Mutter ein, vor sechs Jahren kauften sie sich ein eigenes Haus und bauten es aus. Ob über Weihnachten, die Sportferien, im Sommer oder im Herbst: Die Familie ist oft hier – meist begleitet von Freunden oder Verwandten. Dass 15 Leute am grossen Tisch im Wohnzimmer sitzen, sei völlig normal. «Wir mögen es, Menschen um uns zu haben – schöne Abendessen, lange Gespräche oder Spiel-Abende.» Das bedeutet: viel einkaufen, kochen, waschen und putzen. Kurz: eine Menge Trubel statt uneingeschränkter Ruhe. Abschalten kann sie dabei trotzdem, weil «Family-Time» für sie das Schönste ist. Die Familie war und ist ihr trotz der TV-Karriere und der vielen Engagements als Sängerin, zum Beispiel in «Spamalot» oder immer noch aktuell in Frank-Sinatra- sowie Mani-Matter-Revues im Zürcher Theater Rigiblick, stets das Wichtigste.
Besonders schön findet sie, dass ihre Kinder vom Rückzugsort im Bündnerland immer noch ebenso begeistert sind wie sie, auch gerne am Wochenende mit Freunden herkommen. Sie habe damit gerechnet, dass sich dies in der Pubertät ändern würde. «Im Gegenteil, sie fühlen sich hier genauso zu Hause wie wir.» Dennoch: Dass Sohn Gian derzeit hier ist und sein «Kässeli» aufbessert, ist ein Glücksfall. Er steckt gerade in einem Zwischenjahr vor seinem Studium, war auf Reisen und wird bald ein Praktikum in Barcelona beginnen. Mama Sandra hat kein Problem loszulassen. «Glücklicherweise habe ich ja auch noch jüngere Kinder», sagt sie augenzwinkernd. «Nein, im Ernst: Ich bin keine ‹Gluggere› und finde es wahnsinnig schön, wenn meine Kinder die Flügel ausbreiten und davonfliegen. Sie müssen die Welt und sich selbst entdecken, ihren eigenen Weg finden. Ich bin sicher, wir haben ihnen genug Nestwärme gegeben, dass sie immer wieder zurückkommen.»
Nächstes Jahr wird Sandra Studer 50 Jahre alt. Spürt sie, dass sie ruhiger wird, gelassener? «Das Fiese ist: Vom Gefühl und den Emotionen her hat sich nichts verändert, der Geist denkt manchmal immer noch, er sei 20. Der Körper aber wird natürlich schneller müde, ich habe nicht mehr dieselbe Energie wie früher. Aber ich bin dankbar, dass es mir bis auf die Schulterbeschwerden gut geht. Das ist alles andere als selbstverständlich.» Das sei wohl der grösste Unterschied zu früher, dass einem bewusst wird, dass alles endlich und die Gesundheit tatsächlich das höchste Gut ist. «Plötzlich passieren rechts und links Schicksalsschläge – Menschen, die dir wichtig sind, werden plötzlich krank oder sterben. Es ist ein riesiges Glück, wenn im Moment gerade alles gut ist. Es kann so schnell alles ändern. Geniessen, geniessen, geniessen! Das sage ich mir jeden Tag.» Sei es zu Hause im Unterland, während beruflicher Highlights wie «Darf ich bitten?» – oder hier oben im Münsterland, dieser Winterwunderwelt.