Bauchgefühl
«Gebt den Kindern, worauf sie Lust haben!»
Ungesundes Essen gibt es nicht, meint Ernährungsexperte Uwe Knop. Er empfiehlt Eltern, ihren Kinder weder Pommes noch Süsses zu verbieten. Und stattdessen vermehrt auf das Bauchgefühl zu hören.
Wasser und Früchte statt Sirup und Schoggi? Vergessen Sie es, sagt der kontroverse Ernährungswissenschaftler und Autor Uwe Knop. Sein neustes Buch richtet sich an Eltern – mit der Botschaft: Gebt euren Kindern doch einfach, was ihnen schmeckt.
GlücksPost: Sie behaupten, es existiere keine einzige glaubhafte Ernährungsstudie, und folglich dürfen wir essen, was wir wollen. Haben Sie eigentlich viele Feinde?
Uwe Knop: Glücklicherweise nur wenige, die sich bei mir melden. Aber ich gehe schon davon aus, dass meine Aussagen manchen Experten nicht gefallen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung zum Beispiel ignoriert meine Anfragen.
Sie behaupten: Es gibt weder gesunde noch ungesunde Nahrungsmittel.
In den letzten zehn Jahren habe ich über 2000 Studien analysiert. Mit der Erkenntnis: Die Ernährungsforschung kann keine Beweise über Ursache und Wirkung liefern, sondern nur Thesen und Spekulationen. Es gibt keine Studie, die belegen kann, dass bestimmte Lebensmittel ungesund sind.
Früchte sind also nicht gesünder als Süssigkeiten?
Nicht unbedingt. Manche essen möglichst viele Früchte, landen mit Bauchschmerzen beim Arzt und merken: Eigentlich vertragen sie das gar nicht. Es gibt so viele verschiedene gesunde Ernährungsmöglichkeiten, wie es Menschen gibt. Jeder Mensch is(s)t anders.
Und so ermuntern Sie dazu, das kindliche Verlangen, etwa nach Süssem, bedenkenlos zu bedienen?
Es existieren keine Beweise, dass Gummibärchen oder Schokolade Kinder dick und krank machen. Eltern sollten das bedenken, wenn sie ihrem Kind bestimmte Nahrungsmittel verbieten wollen. Oft haben Eltern ein schlechtes Gewissen und beruhigen dieses mit Verboten.
Ihre Empfehlungen bedeuten eine Machtumkehr am Esstisch: Die Kinder entscheiden, was gekocht wird.
Natürlich legen die Eltern fest, was auf den Tisch kommt. Das Kind aber soll entscheiden dürfen, ob und wie viel es davon essen will. Wenn Kinder Hunger haben, dann werden sie schon essen – und zwar mittel- bis langfristig so, dass sie die Nährstoffe erhalten, die sie zum Gedeihen brauchen.
Wie lautet denn Ihre Botschaft an die Eltern?
Vorleben, dass Essen etwas Schönes ist, immer Neues probieren lassen und sich freimachen vom schlechten Gewissen. Gebt euren Kindern, worauf sie Lust haben, was ihnen gut schmeckt und was sie gut vertragen. Seid entspannt, wenn es ums Essen geht!
Und was, wenn ein Kind aus Langeweile, Kummer oder Frust isst?
Dieses «Emotional Eating», das hungerfreie Essen, um die Seele zu füttern, ist Grund zur Sorge. Hier müssen Eltern genau hinsehen und versuchen, dem Kind zu helfen – ohne Nahrungsmittel.
Essenziell ist also, auf seinen Hunger zu hören?
Genau, wir sollten dann essen, wenn wir echten, starken Hunger spüren – und zwar, worauf wir Lust haben. Unser Körper wird uns schon sagen, was gut für uns ist. Je grösser der Hunger, desto grösser wird auch der Genuss beim Essen sein: Der Dank dafür ist dieses wunderbar schöne Wohlbefinden, wenn wir uns sattgegessen haben.