Ein Leben fast so wie im Märchen
Kerstin musste von einem Tag auf den anderen ihren Job aufgeben. Sie fiel in ein tiefes Loch – doch dann machte sie ihr Hobby zum Beruf.
Wenn Kerstin (46) erzählt, geht es um wunderschöne Frauen und leidenschaftliche Küsse, aber auch um Frösche und böse Geister, um starke Männer, Schmerzen, Hass und Rache. Schön wie eine Prinzessin, mit langem Gewand und blütenweisser Haut sitzt die Deutsche inmitten ihrer Zuhörer und lässt in Schulen, Museen und Schlössern historische Märchen lebendig werden.
Kerstin ist eine professionelle Märchenerzählerin, und ihr lauschen nicht nur Kinder. «Ich erzähle überwiegend Erwachsenen», erklärt sie. «Märchen enthalten doch fantastische Botschaften von der Liebe und der Sehnsucht nach Glück. Denn der Alltag ist nicht immer leicht.»
Kerstin weiss, wovon sie spricht. Sie hat 27 Jahre erfolgreich als Coiffeuse gearbeitet und stand von einem Tag auf den anderen vor dem Nichts. «Im Januar 2011 bekam ich plötzlich allergische Reaktionen mit starken Knochenschmerzen an den Gelenken und musste sofort meinen Beruf aufgeben.»
Geholfen hat ihr damals ihr Hobby, das Schreiben. Jetzt will sie daraus etwas machen. «Ich habe mich jeden Morgen an den PC gesetzt und Geschichten kreiert. Das gab meinem Tag wenigstens eine Struktur.» Sie liebt Märchen und beginnt, vermehrt eigene zu schreiben.
«Mein Entschluss kam aus dem Herzen. Ich hatte so viel Spass am Erzählen, an dem ganzen Drumherum, dass ich mich nicht beirren liess.» Und so investiert Kerstin ihre Ersparnisse in wuchtige Märchenkleider und eine umfassende Schulung. In der Zeit hat sie bereits wöchentlich mehrere Auftritte. Das Geschäft läuft. 2014 meldet sie ein Gewerbe an (www.kerstintuemmel.jimdo.com).
Seit 2015 ist sie zertifizierte Erzählerin. Für Kerstin ist, wie in ihren Märchen, ein Traum in Erfüllung gegangen. «Es ist herrlich, wenn man die Gedanken zwischen Himmel und Erde tanzen lassen kann. Ich lebe die Abenteuer von Kobolden und Feen, Königen und Prinzen mit, und dadurch ist mein eigenes Leben mein schönstes Märchen.»