Warten geht auch anders
Am Bahnhof, Flughafen, beim Arzt, am Telefon – fast täglich müssen wir warten. Das kostet Zeit und Nerven. Doch wir können Wartezeiten auch nutzen – um uns zu bewegen, zu unterhalten und weiterzubilden.
Nervös schaut Sandra auf die Uhr. Jetzt wartet sie schon fast eine Viertelstunde, um an den Schalter des Passbüros gerufen zu werden. Als sie wieder auf die Uhr blickt, hat sie das Gefühl, dass die Zeiger nicht hüpfen wie sonst, sondern kriechen. «Das dauert viel länger, als ich gedacht habe», denkt Sandra frustriert und seufzt lautstark.
Statistiker haben errechnet, dass wir zirka fünf Jahre unseres Lebens mit Warten verbringen. Na ja, wenigstens tun wir es häppchenweise und nicht am Stück. Wir warten bei Ämtern, an den Kassen von Geschäften, in Wartezimmern von Ärzten, in Telefon-Warteschleifen, Staus, vor roten Ampeln, an Bus- und Tramhaltestellen, auf dem Bahnhof und bei den Gepäckbändern am Flughafen.
Während wir warten, verstreicht wertvolle Zeit. Das ist frustrierend, zumal die meisten von uns eh schon darüber klagen, dass sie zu wenig Zeit haben.
Was tun? Vermeiden werden wir Wartezeiten auch in Zukunft nicht, denn es entstehen nun mal unvorhergesehene Lücken im Tagesablauf. Darüber können wir uns natürlich weiterhin ärgern. Wir können aber auch clever sein, und Wartezeiten für uns nutzen.
Wartezeit ist …
… Arbeits-Zeit, Ideen-Zeit, Lese-Zeit, Pausen-Zeit, Nachdenk-Zeit, Frei-Zeit. Die Umbenennung gibt dem Warten eine positive Richtung.
- Müssen wir warten, reagieren wir mit Ungeduld. Deshalb ist der erste Schritt, dies mit dem Atem zu ändern, und wieder zu entspannen. 16-mal atmen wir im Schnitt pro Minute. Versuchen Sie, während Sie warten, diese Zahl um vier Atemzüge zu unterbieten. Atmen Sie durch die Nase ein und aus und werden Sie dabei immer laaangsaaamer.
- Warten Sie vor einer Ampel oder sitzen Sie im Stau, umfassen Sie mit dem rechten Daumen und Zeigefinger das linke Ohrläppchen, mit dem linken Daumen und Zeigefinger das rechte. Beginnen Sie nun die Ohrläppchen zu massieren – reiben und sanft drücken. Auf den Ohrläppchen befinden sich Reflexpunkte, die das Gehirn und somit die Ausschüttung von Wohlfühl-Hormonen anregen.
- Hat der Zug oder Flieger Verspätung? Überlegen Sie, wo Sie die Zeit am besten verbringen. Arbeiten Sie, suchen Sie sich einen ruhigen Platz. Wollen Sie Kontakt, gehen Sie an belebte Orte.
- Die Technik macht es möglich, dass wir überall ins Internet können. Ideal für Wartezeiten ist die Beantwortung von E-Mails. Da muss man sich nicht einarbeiten und kann sich kurz fassen, sodass einiges erledigt werden kann.
- Telefonieren Sie – vereinbaren Sie Termine, klären Sie Dinge ab. Achten Sie auf eine gemässigte Lautstärke, damit Sie andere Wartende nicht belästigen.
- Leeren Sie Ihren Kopf. Zu viel Gedankenballast verursacht Kopfweh. Deshalb schreiben Sie auf, was wichtig ist. Notieren Sie sich auch Ihre Ideen.
- Lesen Sie ein Buch – E-Books und Hörbücher sind ideal, wenn wir warten müssen.
- Sie gehen nach Frankreich in die Ferien? Dann lernen Sie ein paar neue Vokabeln.
- Sorgen Sie für Bewegung. Dehnen und strecken Sie sich. Warten Sie an der Kasse, spannen Sie abwechslungsweise Bauch-, Bein- und die Po-Muskeln an – auf 20 zählen, entspannen und wieder anspannen.
- Stellen Sie sich Fragen, wenn Sie warten müssen. Wie fühle ich mich? Was ist heute gut gelaufen, was weniger, und wie kann ich das ändern?
- Pflegen Sie Kontakte: Rufen Sie eine Freundin an, bei der Sie sich schon lange melden wollten. Schreiben Sie SMS an die Enkel.
- Lernen Sie neue Leute kennen. Beim Warten kommt man schnell ins Gespräch. Schauen Sie also nicht auf das Handy oder in den Laptop. Schauen Sie die Menschen an, die um Sie herum sind.
- Nutzen Sie die Wartezeit für eine Pause und tun Sie nichts. Lassen Sie Ihren Gedanken freien Lauf. Gähnen Sie genüsslich. Trinken Sie einen Schluck Wasser, schauen Sie sich um, ohne den Blick zu fixieren.
- Und zu guter Letzt: Lächeln Sie, wenn Sie warten. Fällt es Ihnen schwer, tun Sie es aus Trotz. Ziehen Sie die Mundwinkel nach oben und lächeln Sie. Das tut gut, denn Lächeln ist ansteckend.