Sandra Studer
«Ich lasse mich durchs Leben treiben»
Am Bildschirm ist sie nur noch selten zu sehen, dafür ist sie ganz in die Musicalwelt abgetaucht. Stets hinter ihr steht Ehemann Luka, mit dem sie nächstes Jahr den 20. Hochzeitstag feiern kann – ob sie es jedoch auch tut, steht noch in den Sternen.
Wie ein Schlösschen wirkt der malerische Bau über Zürich – stattlich und einladend zugleich. Für Sandra Studer (47) ist das Theater Rigiblick mehr als das. «Derzeit ist es so etwas wie mein zweites Zuhause», sagt sie. Während ihr Mann Luka daheim bei den Kindern Julia (8), Nina (10), Lili (16) und Gian (18) ist, steht sie an mehreren Abenden pro Woche singend und spielend auf der Bühne – entweder im Tribute «Mein Leben mit Frank Sinatra» oder ganz aktuell in der neuen Mani-Matter-Hommage «Ds Lied vo de Bahnhöf», dank der sie zum grossen Mani-Matter-Fan geworden ist.
GlücksPost: Was fasziniert Sie so an Mani Matter?
Sandra Studer: Mit seinen Liedern bin ich aufgewachsen, aber erst in den Vorbereitungen habe ich seine grossartigen Texte entdeckt. Er war ein Kreativer, ein virtuoser Sprachjongleur, aber vor allem war er ein Intellektueller, der über das Leben und den Menschen philosophierte.
Wie sind die Reaktionen aufs Stück?
Die Leute mögen es, weil fast jeder eine Verbindung zu Mani Matter hat. Er ist ein Nationalheld und seine Lieder sind kein bisschen verstaubt. Was wäre da noch gekommen, wenn er nicht so entsetzlich früh gestorben wäre? In einer Szene reden wir über seinen Tod, ich bekomme jedes Mal Hühnerhaut.
Die aktuellen Stücke, davor «Wanderful» und «Spamalot»: Für Sie hat offenbar ein neuer Lebensabschnitt im Zeichen des Theaters begonnen.
Ja, das kann man sagen. Das Theater hat tatsächlich sehr viel Raum in meinem Leben eingenommen – und ich bin extrem glücklich, dass es sich so ergeben hat.
War das nicht geplant – erst Fernsehen, dann Bühne?
Gar nicht. Aber dass es nach Ende der ersten Produktionen im Theater am Hechtplatz weiterging, ist wunderbar. Theater ist meine Leidenschaft. Wobei: Ich sollte Musik-Theater sagen, denn die Musik macht einen grossen Teil der Freude aus.
Das Fernsehen ist kein Thema mehr für Sie?
Doch! Für SRF Kultur bin ich hin und wieder im Einsatz, und am 17. Dezember moderiere ich «25 Jahre Arosa Humor-Festival». Ich liebe Comedy und freue mich wie ein Schneekönig auf diese Sendung. Es ist mir heute wichtiger denn je, Dinge zu machen, die mit mir etwas zu tun haben und die mir selbst Spass machen. Ich glaube, etwas anderes nehmen einem die Zuschauer auch nicht ab.
Was für eine Sendung würde denn sonst zu Ihnen passen?
Da mache ich mir null Komma null Gedanken! Ich bin keine grosse Planerin, das geht mir völlig ab. Oft werde ich gefragt, wie ich Familie und Job unter einen Hut bringe, wo ich die Energie hernehme. Tatsache ist, dass dadurch eben genau die Energie auf der Strecke bleibt, Konzepte auszu-tüfteln, Sachen anzureissen und durchzuboxen. Ich lasse mich durchs Leben treiben – und es spült mich eigentlich immer irgendwohin, wo ich Spass habe.
Sie bezeichnen sich als etwas rastlos. Meinen Sie, Sie werden irgendwann «ankommen»?
Das glaube ich nicht – und hoffe es auch nicht. Es gibt viel, was ich gerne machen würde, und wenn sich die Gelegenheit ergibt, werde ich es tun. Ich muss immer in Bewegung sein, es muss etwas laufen.
Sehr viel läuft bei Ihnen zu Hause. Halten die Kinder Sie sehr auf Trab?
Die Kleinen sind «Primarschülerli» und haben viel Charakter. Da ist schon immer Leben in der Bude. Die beiden Grösseren gehen ins «Gymi» und werden langsam flügge, suchen sich ihren Platz in der Welt.
Macht es Ihnen Angst, wenn Sie die Welt anschauen und daran denken, was auf sie zukommen könnte?
Manchmal schon. Ich weiss nicht, wie unser Planet in ein paar Jahrzehnten aussehen wird. Ich kann nur versuchen, meinen Kindern das Rüstzeug mitzugeben, damit sie sich in dieser verrückten Welt behaupten können.
Wovon träumen Ihre Kinder? Werden sie beruflich in Ihre Fussstapfen treten?
Lili hat noch keine Ahnung. Gian macht zwar bald die Matur, aber auch er weiss noch nicht recht, was danach kommt. Er singt zwar, rappt und schreibt tolle Texte. Trotzdem glaube ich nicht, dass es bei ihm ein musischer Beruf wird.
Weckt es Wehmut, dass solche Entscheidungen nun schon anstehen?
Dass unsere Kinder eine so grosse Altersspanne haben, macht es einfacher. Aber klar, manchmal bin ich wehmütig, irgendwann werden auch die Kleinen draussen sein. Gleichzeitig jedoch geniesse ich es wahnsinnig, dass meine Kinder Flügel bekommen, das Leben selbst entdecken und wir einander auf Augenhöhe begegnen.
Keine Pubertätsprobleme?
Eigentlich nicht. Sicher gibt es Momente, da … (sie rollt mit den Augen). Aber es ist nicht schlimm. Ich versuche, den Draht zu den Kindern nicht zu verlieren. Ich höre von Jugendlichen, die kommen nach Hause, schlagen die Tür zu und verschwinden im Zimmer; das kenne ich zum Glück nicht. Sie reden mit uns. Natürlich brauchen sie mehr Freiraum und Zeit für sich, aber das geben wir ihnen gerne.
Gibt es auch Momente, wo Sie mal ausrasten?
Natürlich! Manchmal, wenn alles miteinander kommt, wird es mir zu viel – wer kennt das nicht? Das gehört dazu, und die Kinder dürfen sehen, dass man nicht endlos belastbar ist. Meine wissen das.
Ihr Mann sei viel besonnener als Sie, sagten Sie mal.
Ja, er ist die Ruhe selbst, unglaublich! Luka ist ein fast schon provokativ ausbalancierter Mensch (sie lacht).
Möglicherweise kommt das bei Ihnen ja mit dem Alter.
Vielleicht fange ich ja noch mit Yoga an, aber ich befürchte, es sitzt zu tief in mir drin. Ich werde es in diesem Leben wohl nicht mehr schaffen – vielleicht ja im nächsten (sie lacht).
Mehr Freiräume für die älteren Kinder – bedeutet das auch mehr Freiräume für Sie und Luka als Paar?
Hmm, nein, als Paar nicht. Da gibt es noch Verbesserungspotenzial. Das hat auch damit zu tun, dass ich oft abends und am Wochenende arbeite. Wenn ich weg bin, ist er da und umgekehrt. Wichtiger als Zeit zu zweit ist uns im Moment die Familienzeit. Die hat Priorität, die Paarzeit kommt dann hoffentlich auch einmal wieder.
Sie sind 26 Jahre zusammen, feiern nächstes Jahr den 20. Hochzeitstag. Gibt es ein Ehe-Geheimnis?
Nicht wirklich. Eine Erklärung mag sein, dass wir uns jung kennengelernt haben, ich bin mit ihm erwachsen geworden. Wenn man jung zusammenkommt und das Glück hat, einen guten Partner gefunden zu haben, ist die Chance vielleicht grösser, zusammenzubleiben. Man kann sich noch gegenseitig beeinflussen, miteinander lernen, sich anpassen. Mit 35 ist das schwieriger. Da ist der Rucksack, den man mitträgt, schon ziemlich voll, und man hat genauere Vorstellungen vom Leben.
Er hält Ihnen ja auch den Rücken frei, wenn Sie arbeiten.
Ja, sicher. Und ich ihm. Am Ende ist es doch vor allem Glück und auch Einstellungssache – dass man den Bettel nicht hinschmeisst, wenn es mal schwierig wird. Es ist eine Kombination aus allem.
Wie werden Sie das Jubiläum nächstes Jahr feiern?
Ich weiss es nicht, ich mag das nicht an die grosse Glocke hängen. Stolz bin ich erst, wenn wir es auf 50 Jahre bringen!
Werden Sie im Privatleben eigentlich häufig angesprochen?
Es geht. Im Alltag bin ich völlig uneitel, laufe mit Brille, ungeschminkt und manchmal ungekämmt mit «Bürzel» auf dem Kopf herum. Oft werde ich gar nicht erkannt, und wenn mich jemand kennt, denkt er: «Die sieht aber nicht so gut aus wie im Fernsehen.»
Ach was! Das können Sie ja gar nicht wissen.
Doch, das sehe ich in den Blicken (sie lacht). Aber das ist mir wirklich egal, es amüsiert mich!
Als Sängerin ganz in ihrem Element
Dass Sandra Studer wundervoll singen kann, bewies sie u. a. im Musical «Spamalot» und der Showrevue «Wanderful» mit Michael von der Heide und Gardi Hutter. Nun bestätigt sie es im Zürcher Theater Rigiblick in «Mein Leben mit Frank Sinatra» und der Mani-Matter-Hommage «Ds Lied vo de Bahnhöf» mit Alexandre Pelichet und Nikolaus Schmid. Infos: www.theater-rigiblick.ch. Im TV moderiert sie «25 Jahre Arosa Humor-Festival» (17.12., 20.10 Uhr, SRF 1).