Ursula Schaeppi
«Mein Tschumpeli ist am Sterben»
Die Schauspielerin macht ihr eigenes Wohl von dem ihres Hundes abhängig. Doch Toya ist altersschwach und krank. Es ist absehbar, dass die 75-Jährige den letzten Halt im Leben bald verliert.
Toya ist ihre Freude, ihre Liebe, ihr Grund zum Aufstehen, ihre Lebensaufgabe. Doch Ursula Schaeppis (75) Westie-Dame ist in ihrem hohen Alter von 14 Jahren gebrechlich. «Mein Tschumpeli ist am Sterben», sagt die Schauspielerin betrübt zur GlücksPost. «Sie sieht und hört kaum noch etwas, schläft den ganzen Tag. Wenn ich sie berühre, zuckt sie zusammen und will sich kaum streicheln lassen.»
Neben dem geliebten Tier hat die beliebte Schauspielerin wenig, was ihr Leben bereichert. Sie lebt allein in ihrer Wohnung in Thalwil. Ende der 90er-Jahre starben ihre Eltern und ihr Bruder, ihr Lebenspartner verliess sie. Auf die persönliche Krise folgte eine berufliche: Ursula Schaeppi, die mit ihren Rollen als «Goof» im «Teleboy» und Eva Chifler in «Traumpaar» berühmt geworden war, erhielt keine Engagements mehr. Sie glitt in eine tiefe Depression, von der sie sich nie mehr richtig befreien konnte.
«Dank Toya stehe ich auf und verlasse überhaupt noch die Wohnung. Obwohl Toya beim Spazieren nur ganz langsam hinter mir hertappt», sagt Schaeppi. «Ich finde es schrecklich, meinem Hund und mir selbst beim Zerfall zuschauen zu müssen.» Es ist absehbar, dass Ursula Schaeppi ihren letzten Halt im Leben bald verlieren wird. Immer wieder hat sie geäussert, ohne Toya nicht mehr leben zu wollen. Sie irritiert die Öffentlichkeit mit Aussagen wie «Ich freue mich aufs Sterben» oder sollte das Thema Altersheim aktuell werden, gehe sie «vorher selber überufe».
Sie ist jedoch nicht alleine mit ihrem Schicksal. «Dies sind alles typische Anzeichen für eine Altersdepression, ein verbreitetes Phänomen», erklärt der Zürcher Psychologe Markus Fäh. «Im Alter zeigt sich gnadenlos, wie man gelebt hat. Das Alter ist die Zeit der Bilanz und ein Prüfstein für den Charakter. In diesem Lebensabschnitt ist es essenziell, dass man sich vorher ein tragfähiges Umfeld und ein gesundes Selbstbewusstsein aufgebaut hat. Wenn ein Tier im Alter die einzige Bereicherung ist, ist die Depression vorprogrammiert.»
Um die Leere zu füllen, sei eine Einsicht in die eigenen Probleme unabdingbar. «Das können nicht alle. Viele klagen, schimpfen und bleiben lieber in ihrer Depression gefangen, anstatt Hilfe zu holen.»
Ursula Schaeppi sagt, sie bete jeden Tag: «Lieber Gott, bitte, bring mir eine Aufgabe.» Selber etwas auf die Beine stellen, mag sie nicht. «Ich habe keine Lust mehr, zu betteln und Klinken zu putzen.» Für Markus Fäh ist das eine unrealistische Anspruchshaltung. «Wer eine Aufgabe will, muss sich diese selber holen. Es gibt genug Dinge, die man tun könnte.»
Ursula Schaeppi klammert sich an den Gedanken, dass ihr nur ein Engagement als Schauspielerin helfen würde. Andere Möglichkeiten, die ihre Einsamkeit lindern würden, kommen für sie nicht infrage.
«In diesem Alter ist es schwierig, die Persönlichkeitsstruktur zu ändern. Ich habe zwar manche Patienten, die dies in dem Alter noch tun: die Ursachen für ihre Depression finden und diese verändern.» Oft werde jedoch eine Therapie zur Symptomlinderung mit Medikamenten vorgezogen. «Die Wirksamkeit von Antidepressiva ist allerdings sehr umstritten. Der beste Weg aus den Depressionen herauszukommen, ist, intensiv an sich zu arbeiten, aktiv zu sein. Das kann auch eine Chance sein und die negative Einstellung auflösen.»
Es wäre der sympathischen Schauspielerin zu wünschen, dass sie «den Rank» findet. Ob aus eigener Kraft oder mit fremder Hilfe. Sie ist körperlich und geistig fit. Und würde, so sagt sie, nichts lieber tun, als die Leute wieder mit ihren Auftritten zu erfreuen.